San Pedro Retreat im Cusco Healing Tree Center

Für uns war ein wichtiger Grund, um Südamerika zu bereisen, dass vor einigen Jahren die Erdkundalini Energie von Tibet nach Peru gewandert ist (Buchempfehlung: Schlange des Lichts von Drunvalo Melchizedek). Was also noch für unsere Eltern das spirituelle Highlight des Himalaya Gebirges war, ist heute auf dem Südamerikanischen Kontinent zu finden. Während die Energie des letzten Zyklus‘ eher männlich geprägt war, ändert sie sich mit der Wanderung in die Anden und das Amazonasgebiet in eine weibliche Qualität. Was für die Tibeter noch die Meditation auf der Krone der Welt war, ist für die südamerikanische Schamanen die Verbindung mit Mutter Erde und die Arbeit mit der Heilkraft der Pflanzen des Dschungels und der Anden, um das Herz und das Bewusstsein der Menschen für die Schöpfung und die Liebe zu öffnen.

Die in Peru praktizierten Rituale und Zeremonien sind teilweise mehrere tausend Jahre alt. Nach unserem ersten Kontakt mit dem Inkareich auf dem Machu Picchu sind wir sehr gespannt, die Bekanntschaft mit dem Schamenen Toribio aus der Q’ero Comunity zu machen, die in der Nähe des heiligen Berges Apu Ausangate liegt. Die Q’ero Community ist selbst heute noch nur über einen mühsamen Fußmarsch zu erreichen, so abgeschieden liegt sie in den Bergen. Dadurch hat sie fast unberührt die Kolonialzeit und alle weiteren Revolutionen überdauert und ihr reiches Wissen der Ureinwohner über die heilende Kraft der Natur bis heute erhalten.

Anfahrt zum Cusco Healing Tree Center

Zum Glück brauchen wir uns heute nicht mit dem Maultier auf ins Gebirge zu machen. Denn zusammen mit mehreren anderen Schamanen aus dem Andenland und dem Amazonasgebiet arbeitet Toribo im Healing Tree Center eine halbe Stunde nördlich von Cusco. Ganz so einfach stellt sich die Anreise für uns dann allerdings doch nicht dar, da uns das GPS zielsicher in die Pampa lotst. Was auf der Karte wie eine ganz normale Straße aussieht, ist zunächst eine Piste, dann ein Fußpfad für Lamas und Schafe, vorbei an bunt gekleideten und verwundert dreinschauenden einheimischen Bauern. Beherzt ackern wir uns mit den Motorrädern voran, schließlich wissen wir, dass das Healing Tree Center inmitten der grünen Hügel, wilden Felsen und verstreuten Inkaruinen liegt. Kurz darauf endet aber auch der Trampelpfad und es geht querfeldein über Stock und Stein weiter. Das Terrain wird zunehmend schwieriger und wir müssen unsere V-Stroms zu zweit und nacheinander durch die Passagen manövrieren. Dann der Gau: Nach einem Sturz springt mein Motor nicht mehr an. Aufgrund erfolgloser Fehlersuche teilen wir uns auf. Felicitas bleibt bei meinem Motorrad und ich fahre mit ihrer Maschine weiter zum Zentrum.

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Das wars: so ziemlich der ungünstigste Ort um mit Starterschaden liegenzubleiben.

Mittlerweile wird es dunkel, was die Routenfindung zwischen Gestrüpp, Felsen und Abhängen nicht einfacher macht. Zwischendurch laufe ich zu Fuß ein Stück vor, um das Gelände zu erkunden, lasse die V-Strom dann aber doch rund fünfhundert Meter vor dem Ziel an einem Hang liegen und stolpere den Rest durch die Nacht in Richtung der erleuchteten Fenster.

Herzlicher Empfang im Healing Tree Center

Mitarbeiterin Jenny empfängt mich herzlich am Healing Tree Center und ich bin erleichtert, dass wenigstens die Zielkoordinaten stimmen. Ungläubig schaut sie mich an, als ich erzähle, wo Felicitas und die Motorräder sind und schüttelt den Kopf. Eine Straße gibt es in dieser Richtung auf keinen Fall. Nur aus Richtung Cusco und die endet vor der Haustür. Da ist der digitale Fortschritt definitiv der Realität voraus.

Jenny telefoniert und wenige Minuten später ist ein Rettungsteam zusammengestellt, dass sich aus Cusco auf den Weg macht. Bis die anderen eintreffen, machen Jenny und ich uns mit Taschenlampen auf den Weg, um immerhin die gelbe V-Strom schon mal bis zum Center zu bringen. Jenny kennt sich hier aus und nur drei Stürze später ist das erste Motorrad wohlbehalten im Zentrum.

Mittlerweile sind Chef Italo und zwei weitere Männer eingetroffen und wir laufen mit GPS, Decken und Tee bewaffnet durch die Nacht zu Felicitas. Das Höhentraining auf dem Machu Picchu zahlt sich aus und so bin ich auch nur FAST völlig fertig, als wir bei Felicitas ankommen. Die hat sich wegen der eisigen Kälte unser Zelt aufgestellt.

Gemeinsam ziehen wir mein Motorrad mit Starterschaden aus der misslichen Passage und wenden es mit vereinten Kräften hangabwärts. Ich will versuchen, ob wir die Maschine wenigstens im dritten Gang anschieben können. Mit Stirnlampe am Helm rumple ich den Hang hinab, bis die nötige Geschwindigkeit erreicht ist. Kupplung kommen lassen und – tadaa, der Motor springt an, als wäre nichts gewesen! Jetzt bloß nicht abwürgen. Zum Glück zeichnet unser GPS die gefahrene Route auf, sodass wir wenigstens den selben Weg zurück ins letzte Dorf nehmen können, wo die Piste beginnt.

Als wir den Trampelpfad erreichen, läuft einer der Männer zurück, um das Auto zu holen. Er will die anderen in der Puebla abholen. Statt um fünf Uhr Nachmittags sitzen wir spät abends im Healing Tree Center bei einer heißen Hühnersuppe und feiern unser kleines Abenteuer.

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Glücklich am nächsten Morgen im Healing Tree Center mit Manager Italo

San Pedro Zeremonie (Wachuma)

Vor Reisebeginn hatten wir uns gar nicht genauer mit südamerikanischem Schamanismus auseinandergesetzt. Nordamerikanische Zeremonien wie z.B. Schwitzhütten hatten wir bereits in Belgien bei unseren Freunden Maja und Andreas im Institut für Schamanismus und Geomantie kennengelernt. Vor einigen Wochen begann ich also, mich mehr mit den Ritualen und Zeremonien der Inka zu befassen.

Eine der berühmtesten Erfahrungen, die man in Peru machen kann, ist wohl die San Pedro Zeremonie. Während des ein oder mehrtägigen Retreats wird unter schamanischer Anleitung und Supervision eine bittere Medizin getrunken, die aus einem einheimischen Kaktus der Anden gewonnen wird. Des Gebräu  öffnet zusammen mit den schamanischen Gesängen und Reinigungsritualen das Bewusstsein für eine erweiterte Wahrnehmung der Realität und verbindet den Teilnehmer mit der Liebe für Erde, Kosmos – und für sich selbst.

Wir haben bisher keine Erfahrung mit psychoaktiven Substanzen in unserem Leben gemacht. Getreu unserer Mütter „Kind, lass die Drogen sein!“ beschränken sich unsere Experimente auf den spärlichen Genuss alkoholischer Getränke. Davon werde ich aber hauptsächlich müde, sodass mich weitere Eskapaden bisher nicht interessiert haben.

Mich im Hinblick auf Heilung von Herz, Seele und Verstand dem Thema unter professioneller Leitung und jahrtausendealter Erfahrung und Tradition zu stellen, macht mich dann aber doch gespannt und neugierig. Schließlich werden die heutigen Inkas teilweise deutlich über hundert Jahre alt und verfügen weder über einen Arzt noch eine Apotheke in ihren Dörfern.

Volcanic Water Cleansing

Bevor das San Pedro Retreat allerdings beginnt, steht zunächst eine körperliche Grundreinigung mit Volcanic Water aus den Anden auf dem Programm. Ich muss 4,5 l der eklig salzigen Flüssigkeit in mich hineinschütten. Felicitas kommt besser weg, sie ist schon nach 3 l fertig. Danach verbringen wir ein paar Stunden auf dem Klo, bis die Sulfatlake unsere Innereien blitzeblank gespült hat. Italo erklärt uns, dass diese Entgiftung vor der Einnahme von Wachuma wichtig ist. So können unerwünschte Nebenwirkungen deutlich reduziert werden.

Ganz so schlimm, wie sich diese Prozedur anhört, ist sie dann aber zum Glück doch nicht. Kurz darauf dürfen wir schon wieder essen und erfreuen uns an dem köstlichen Mittagessen im Center.

San Pedro Retreat im Healing Tree Center

Am nächsten Morgen trifft Schamane Toribo ein und erklärt uns den Ablauf des Retreats. Mitarbeiterin Jenny übersetzt und wir beginnen den Tag mit einer Unification Zeremonie mit Coca Blättern, bei der um die Unterstützung des Kosmos, der Erde und der Ahnen gebetet wird.

Kurz darauf sind wir bereit, von der San Pedro Medizin zu kosten. Hier in Peru nimmt man den Begriff der „bitteren Medizin“ noch wörtlich. Wachuma ist eine unappetitliche, zähflüssige Substanz. Wir bemühen uns, die dargereichte Dosis in einem Zug zu trinken und schlucken und kauen den Becher mit leicht gequälten Gesichtszügen in uns hinein. Geschafft!

Jetzt dürfen wir erst einmal eine Stunde im Garten liegend die Sonne genießen bis die Wirkung sanft einsetzt. Dann packen wir unsere Rucksäcke und machen uns auf die Wanderung in die wunderschöne Natur. Mittlerweile ist die Wirkung des Kaktus nicht mehr zu leugnen. Wie pubertierende Teenager, die sich heimlich eine Schnapsflasche reingezogen haben, kichern und prusten wir durch die grünen Wiesen. Toribo deutet uns, dass wir uns zwischen Felsen an einem Wasserlauf niederlassen sollen.

Cusco, Healing Tree Center, Peru, San Pedro Retreat, Schamane, Wachuma_DSCF0985_1180

Schamane Toribo betet zu den Kräften der Natur

Ich liege im Gras und schaue in den Himmel. Wo die anderen sind, weiß ich nicht genau. Von unten vom Wasser höre ich Toribo auf seiner Flöte spielen. Die Musik trägt mich fort und ich verliere jegliches Raum- und Zeitgefühl. Ich fühle mich einfach nur glücklich und mit der Natur verbunden. Die Grenzen zwischen mir und dem Rasen verschwimmen merklich. Ich fühle mich eher als Teil der Erde und stelle mir vor, wie ich als erster Mensch vom Sonnenlicht erwärmt aus der Erde geschöpft werde. Ich verstehe nun vollständig, warum Sonne und Erde für die Naturvölker von so unglaublicher Wichtigkeit sind. Ich fühle einen Strom der Liebe zwischen Sonne und Erde durch mich fließen und bin ganz ergriffen von diesem Erlebnis.

Etwas torkelnd mache ich mich unbestimmte Zeit später auf den Weg zu den anderen am Wasser. Toribo flötet immer noch geheimnisvolle schamanische Melodien. Ich entledige mich meiner Kleider und klettere in den Bach. Ich hocke mich unter einen kleinen Wasserfall und verliere erneut jegliches Zeitgefühl. Als ich wieder zu mir komme, umarme ich gerade einen Felsen. Jenny steht am Ufer und bittet mich, doch endlich etwas anzuziehen. Die anderen Wanderer würden schon gucken…

Kuti Reinigungszeremonie

Zur Mittagszeit suchen wir uns ein schattiges Plätzchen. Dass ich zwischendurch immer wieder wegdrifte, macht mir etwas Sorgen und ich bitte Toribo, meine Hand zu halten. Das schenkt mir Vertrauen und erdet mich wieder. Jetzt steht die große Reinigungszeremonie an. Wie in der Einführung erklärt, bittet uns Jenny, noch einmal auf all das zu konzentrieren, was wir nicht mehr in unserem Leben haben wollen. Wir tun, wie uns geheißen und Toribo macht sich mit Tabak, Marakas, einer Condorfeder und diversen weiteren schamanischen Werkzeugen daran, unsere Energiekörper zu reinigen. Und dann ist es um mich geschehen.

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Maestro Toribo in Tracht bei der Arbeit

Ich fühle mich plötzlich überhaupt nicht mehr gut, stattdessen kommen mir wie in einem Alptraum alle möglichen Emotionen, Ängste und Visionen hoch. Das kann Teil des Ausleitprozesses sein, wie ich am nächsten Tag erfahre. Jetzt ist das ganze jedoch erschreckend real. Felicitas scheint es auch nicht besser zu gehen, Jenny und der Schamane betreuen sie schon eine gefühlte Ewigkeit. In mir ringt mein Glaubenssatz „Ich schaffe das alleine, ich brauche keine Hilfe!“ mit den überschäumenden Ängsten. Dann geht mir wieder das Zeitgefühl verloren.

Wir machen uns auf den Rückweg. Felicitas wird immer noch von den beiden unterstützt und ich stapfe stoisch hinterdrein. Mir ist es ein Rätsel, wie hier nur so viel Müll in dieser wunderbaren Landschaft rumliegen kann. Einer kosmischen Eingebung folgend, mache ich mich daran, Plastikteile entlang des Pfades aufzusammeln. Jenny kommt mit dem Auto zurück und bittet mich, doch bitte mit Toribo und Felicitas Schritt zu halten. Wortlos nicke ich und reiche ihr den gesammelten Müll ins Auto. Kurz vor dem Center hole ich Felicitas wieder ein, die sich bei unserem Schamanen untergehakt hat.

Wie ich genau ins Bett gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Von schlimmer Angst geplagt wache ich auf. Immer noch kämpfe ich mit mir: “Nein ich brauche keine Hilfe. Es ist viel wichtiger, dass Felicitas versorgt ist.“ Die scheint allerdings unten zu sein, ich bin allein im Zimmer. Langsam dämmert mir in meinem Hirn, dass wohl Teil der Reinigung ist, die alten Glaubensmuster loszulassen. Es kostet mich große Überwindung, schließlich doch nach dem Schamanen zu rufen. Um auch wirklich etwas zu lernen, muss ich scheinbar sogar zehnmal rufen. Ob ich bei den ersten Versuchen überhaupt einen Ton über die Lippen gebracht habe, weiß ich nicht. Endlich erscheint Toribo mit seiner Condorfeder, hält meine Hand und betet. Ich döse wieder weg.

Im Halbschlaf erscheinen mir Visionen meiner Ahnen. Ich bitte sie, alle Verträge und Erwartungen von mir zu nehmen und sie verschwinden wieder.

Ich tapse die Treppe runter in die Küche. Felicitas sitzt da und sieht ziemlich fertig aus. Ich bitte auch sie, alle Verantwortung von mir zu nehmen. Müde nickt sie. Jenny hatte heute morgen in der Einführungsrunde wohl einen entscheidenden Satz gesagt: „Der wichtigste Mensch in unserem Leben sind wir selber.“ Das klang heute morgen noch sehr einfach.

Während ich hier sitze und die Reinigung über mich ergehen lasse, wird mir scheibchenweise klar, wie verstrickt wir doch alle sind. Wie wir uns um alle möglichen Menschen unter dem Deckmantel der Liebe kümmern und dabei überhaupt nicht richtig für uns selbst sorgen können. Heute am Fluss habe ich die bedingungslose Liebe der Schöpfung erlebt, wie ich Teil des Ganzen bin. Jetzt, wo meine Dämonen aus dem Keller kommen, merke ich aber deutlich, wo ich diese reine Form der Liebe gar nicht in mir habe. Ich sehe mich mit all meinen Verletzungen konfrontiert, wo ich Handelsbeziehungen der Liebe eingegangen bin. Und ich darf noch einmal durch alle Ängste gehen, die ich in meinem Leben unterdrückt habe, als ich keine bedingungslose Liebe als Menschenkind erfahren habe.

Nachts um drei hocken Felicitas und ich noch immer in der Küche und zählen unsere Finger. Das wackelige Gefühl fängt langsam an zu schwinden und unser Geist beginnt, die Grenzen unseres physischen Körpers wieder als eine doch ganz gute Form der Realität zu akzeptieren. Was für ein Tag. Wir zwingen uns noch etwas Suppe zu essen, um unseren Stoffwechsel in Gang zu bringen und schleppen uns mit einem heißen Tee ins Bett. Dass eine schamanische Reinigung mit ein bisschen Kaktus und Geflöte so reinhauen kann… Und morgen das Ganze nochmal! Ich werde auf jeden Fall eine kleinere Dosis nehmen.

Ein paar Tage später sitze ich in den grünen Hügeln über dem Healing Tree Center und sinne über das Erlebnis nach. Seit dem San Pedro Retreat bin ich sehr still und in mich gekehrt. Ich fühle mich zentrierter, weniger abgelenkt vom Außen. Das Gefühl der Anbindung an Erde und Kosmos ist immer noch da. Meine Ängste aus der Nacht sind verschwunden. Ich fühle den Strom der Liebe zwischen Himmel und Erde durch mich fließen, so wie ich ihn unten am Fluss gespürt habe. Wie das wohl wäre, wenn alle Menschen ihre Ängste überwunden haben werden und sich in der reinen Liebe befinden?

Andreas


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Sag heute jemandem, dass du ihn liebst – denn später könnte es zu spät sein!

Nach einigen Tagen des Grenz-Marathons von Guatemala über El Salvador und Honduras nach Nicaragua sind wir heute in Léon angekommen. Wir checken in einem Hostel ein und endlich gibt es wieder WiFi. Eine Internetverbindung und damit Kontakt zum Rest der Welt hatten wir wohl schon seit einer Woche nicht mehr.

Eine Nachricht trifft mich dann aber doch unvorbereitet – meine Oma ist gestorben. Nach der ersten Trauer kommen Schuldgefühle in mir auf. Das letzte Mal habe ich aus den USA mit ihr telefoniert und das auch eher oberflächlich. Es ist ganz toll hier, es geht uns gut, alle sind nett und gastfreundlich und auch das Wetter hier ist ganz hervorragend. Viel besser als in Kanada, da hat es nämlich fürchterlich geregnet. Das übliche Gelaber, wenn man nicht weiß, was man sagen soll. Seit dem schiebe ich einen weiteren Anruf – wie immer – vor mir her.

Mein Verhältnis zu meiner Oma hatte ich immer ein bisschen angespannt empfunden. Als guter Vorzeigeenkel sitze ich seit ich mich erinnern kann gerade am Tisch, esse brav meinen Kuchen, lausche der neusten CD ihres Lieblingsbaritons – und weiß nie so richtig, was ich mit ihr erzählen soll. Natürlich läuft in der Schule alles glatt, auch vom Studium und von der Arbeit wird es später nichts Auffälliges zu berichten geben.

Felicitas und ich besuchen sie ein letzte Mal vor unserer großen Reise im Altersheim. Wie es auf der Arbeit ist, wie es im Altersheim ist, wie das Essen hier ist, wo wir denn hinfahren wollen. Naja, ob man sich nochmal sieht, weiß sie nicht. Aber das sagt sie schon seit zehn Jahren.

Als ich heute aufgelöst auf die Nachricht auf meinem Display starre, weiß ich ganz genau, was ich ihr eigentlich hätte sagen wollen. Ich habe mich aber nie getraut. Und dafür schäme ich mich heute

Liebe Oma,

ich habe dich sehr, sehr lieb. Ich würde dich jetzt gerne noch einmal in den Arm nehmen und dir das sagen. Es tut mir Leid, dass ich es nie geschafft habe, dir ehrlich meine Gefühle zu zeigen und mit dir über die Dinge zu sprechen, die mich wirklich beschäftigen. Ich weiß so wenig von dir. Ich hoffe, dass du gut im Himmel ankommst und dass es dir gut geht. Bitte verzeih mir meine Unzulänglichkeiten.

Dein Andreas

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Aktivierung des Nervus Vagus und Nervus Glossopharyngeus

Warum Liebe durch den Magen geht

Dieses Sprichwort ist ja allseits bekannt. Fragt sich nur, was es damit auf sich hat. Wir haben unlängst etwas Spannendes auf einem Seminar in Sedona herausgefunden, das Aufschluss zu diesem Rätsel geben könnte.

Unser Körper besteht aus zahlreichen Nerven. Ein besonders großer Hirnnerv ist der Vagusnerv. Er verfügt über Geschmacksfasern im hinteren Drittel der Zunge und auch über parasympathische Anteile, die zum Herzen führen. Salopp gesagt, sind Herz und Zunge über ihn aneinander geknüpft.

Ein anderer spannender Nerv ist der Glossopharyngeus, welcher Rachen und Gaumen sensibel versorgt und den Kontakt zwischen Gaumen und Hypothalamus herstellt.

Aktivierung des Nervus Vagus und Nervus Glossopharyngeus

Und nun wird es interessant: Wenn die Zunge genau an der Übergangsstelle zwischen hartem und weichem Gaumen entlangfährt, verbindet sie über die beiden beschriebenen Hirnnerven Herz, Zunge und Hypothalamus.

Wenn der Hypothalamusaktiviert wird, werden hier wiederum Glückshormone produziert. Dann gelangt das Gehirn in den entspannten Zustand der Alpha-Wellen und man erlebt das Gefühl von Freude.

Dass das Streichen der Zunge genau auf dem Punkt zwischen harten und weichem Gaumen zur Produktion von Alpha-Wellen und damit zu Glücksgefühlen führt, wurde übrigens mit einem MRT nachgewiesen.

Und jetzt kommen wir zur Verknüpfung von Biologie und Sprichwort: Wenn ich mir also etwas Schmackhaftes auf der Zunge zergehen lasse und dabei noch meinen Liebsten ansehe, entsteht ein wahrer Glückspunsch.

Das klopfende Herz ist durch den Vagusnerv mit der Zunge verbunden, durch die leckere Speise geraten die Geschmackssinne auf der Zunge zusätzlich in Wallung und die Zunge stellt durch die Kaubewegung den Kontakt zum Gaumen her und damit die Aktivierung des Hypothalamus in Hirn über den Glossopharyngeus.

Tadaa, und fertig ist die Alpha-Wellen-Produktion und die Brücke zur Liebe, die durch den Magen geht.

Viel Vergnügen beim Schnabulieren.

Felicitas


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Love & Recipes

Ich möchte wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Schon seit jeher stellt sich die Menschheit wie auch Goethes Faust diese Frage. Wenn wir alle zusammenlegen, kommen wir darauf. Was für mich jedenfalls zwei Dinge sind, die die Welt und Menschen zusammenhalten, sind Liebe und Essen. Das mag jetzt auf den ersten Blick vielleicht etwas seltsam klingen. Doch für mich fühlt sich beides nach Verbindung an, mit sich, den umgebenden Menschen, Tieren, der Natur, Welten. Fehlt beides, werden wir Menschen im besten Fall grummelig und im schlimmsten gehen wir aufeinander los. Ist beides da, entwickeln wir uns weiter.

In der griechischen Mytologie heißt es, dass die Welt von Doppelmenschem bevölkert wurde – Mann und Frau waren am Rücken miteinander verbunden. Durch die Verbindung von männlichen und weiblichen Prinzip und der daraus resultierenden harmonischen, komplettierten Einheit waren die Doppelmenschen sogar den Göttern überlegen. Das wollten diese nicht dulden und säten Zwist, indem sie die Menschen fragten, ob sie denn überhaupt wüssten, wie ihr Rückenpartner aussähe. Sie verneinten das und der Wunsch, sich in die Augen zu blicken, wurde unbändig groß. Also baten die Doppelmenschen, dass die Götter die Verbindung trennten. Als sie sich nun zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht erblickten, erschraken die Menschen. So hätten sie sich ihren Seelenpartner nicht vorgestellt. Sie rannten auseinander und gingen getrennte Wege. Doch diese machten sie nicht froh, da ihnen die Qualitäten des anderen fehlten. Die Suche nach dem Seelepartner begann. Diese stellte sich als schwierig heraus, da die Menschen sich das Antlitz ihrer fehlenden Hälfte in der Schrecksekunde nicht verinnerlicht hatten.

Jedes Mal, wenn ich auf Paare treffe, die einander wiedergefunden haben und sich zu einer Einheit komplettieren, freue ich mich. Denn diese Paare strahlen Zufriedenheit und Harmonie miteinander aus, obwohl sie auch zwischendurch mit der Schrecksekunde des Wiedererkennens konfrontiert sind. Also frage ich sie, wie sie das Zusammensein so liebevoll gestalten und über viele Jahre hinweg glücklich sind.

Und von der Liebe kommen wir zum Essen, denn Liebe geht bekanntermaßen durch den Magen. Zu einem Rendezvous gehören oft Dinner, Kaffee oder ein Eis. Für ihre Kinder bereiten Eltern Brei aus den besten Zutaten, um ihnen einen guten Start in das Leben zu geben. Besonderes Essen gibt es zu Anlässen wie Geburtstag, Weihnachten, Hochzeit und wir treffen uns dann, sitzen beisammen und feiern. Das Kochen wird dann zu mehr als bloßer Nahrungszubereitung. Es wird zu einer Magie, einer Symphonie.

So genieße ich es sehr, mit Menschen, die mir am Herzen liegen, in Köstlichkeiten zu schwelgen, die sie zubereitet haben. Tante Angelas Gemüsesuppe mit Apfelpfannkuchen ist dafür ein Paradebeispiel. Mit meiner Verwandtschaft im Sauerland versammelt zu sitzen und mit der einen Hand Suppe zu löffeln und mit der anderen Pfannkuchen und dabei zu erzählen, ist einfach toll.

Irgendwann habe ich angefangen, selbst zu kochen und meine Leidenschaft hierfür entdeckt. Mir bereitet es einfach Freude, Zutaten, Farben, Gewürze, Texturen zu kombinieren, anzurichten und mit meinen Lieben zu teilen. Kochen ist so direkt mit dem Herzen verbunden. Diese Verbindung wird für mich noch auffälliger, wenn ich in der Ferne Leibspeisen für Andreas und mich oder unsere Hosts zubereite, weil das Kochen und gemeinsame Essen von bestimmten Speisen bei mir das Gefühl von Familie, Zuhause, Wohlsein auslöst, ich davon umgeben bin und das macht mich froh. Bei Dämpfkartoffeln zum Beispiel ist meine Mutter sehr präsent, bei Gerichten mit Knoblauch mein Vater, bei Linsensuppe Andreas‘ Eltern.

Auf der Reise ist es für mich ein Ansporn geworden, allabendlich etwas Leckeres zu kredenzen, das uns nach einem langen und herausfordernden Tag glücklich macht und labt.

Aus der Kombination aus Liebe und Essen ist so die Rubrik Love & Recipes entstanden. Hier werde ich Rezepte für die Liebe und zum Kochen (vorzugsweise auf Campingkochern in maximal zwei Töpfen) zusammentragen.

Love = Liebe

Recipes = Rezepte (sprich reßepies)

Klingt partiell wie Love & Peace

Felicitas


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