Sag heute jemandem, dass du ihn liebst – denn später könnte es zu spät sein!

Nach einigen Tagen des Grenz-Marathons von Guatemala über El Salvador und Honduras nach Nicaragua sind wir heute in Léon angekommen. Wir checken in einem Hostel ein und endlich gibt es wieder WiFi. Eine Internetverbindung und damit Kontakt zum Rest der Welt hatten wir wohl schon seit einer Woche nicht mehr.

Eine Nachricht trifft mich dann aber doch unvorbereitet – meine Oma ist gestorben. Nach der ersten Trauer kommen Schuldgefühle in mir auf. Das letzte Mal habe ich aus den USA mit ihr telefoniert und das auch eher oberflächlich. Es ist ganz toll hier, es geht uns gut, alle sind nett und gastfreundlich und auch das Wetter hier ist ganz hervorragend. Viel besser als in Kanada, da hat es nämlich fürchterlich geregnet. Das übliche Gelaber, wenn man nicht weiß, was man sagen soll. Seit dem schiebe ich einen weiteren Anruf – wie immer – vor mir her.

Mein Verhältnis zu meiner Oma hatte ich immer ein bisschen angespannt empfunden. Als guter Vorzeigeenkel sitze ich seit ich mich erinnern kann gerade am Tisch, esse brav meinen Kuchen, lausche der neusten CD ihres Lieblingsbaritons – und weiß nie so richtig, was ich mit ihr erzählen soll. Natürlich läuft in der Schule alles glatt, auch vom Studium und von der Arbeit wird es später nichts Auffälliges zu berichten geben.

Felicitas und ich besuchen sie ein letzte Mal vor unserer großen Reise im Altersheim. Wie es auf der Arbeit ist, wie es im Altersheim ist, wie das Essen hier ist, wo wir denn hinfahren wollen. Naja, ob man sich nochmal sieht, weiß sie nicht. Aber das sagt sie schon seit zehn Jahren.

Als ich heute aufgelöst auf die Nachricht auf meinem Display starre, weiß ich ganz genau, was ich ihr eigentlich hätte sagen wollen. Ich habe mich aber nie getraut. Und dafür schäme ich mich heute

Liebe Oma,

ich habe dich sehr, sehr lieb. Ich würde dich jetzt gerne noch einmal in den Arm nehmen und dir das sagen. Es tut mir Leid, dass ich es nie geschafft habe, dir ehrlich meine Gefühle zu zeigen und mit dir über die Dinge zu sprechen, die mich wirklich beschäftigen. Ich weiß so wenig von dir. Ich hoffe, dass du gut im Himmel ankommst und dass es dir gut geht. Bitte verzeih mir meine Unzulänglichkeiten.

Dein Andreas

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7 Gedanken zu „Sag heute jemandem, dass du ihn liebst – denn später könnte es zu spät sein!

  1. Sandra sagt:

    Deine Oma ist sehr stolz auf Dich. Sie erfreut sich das du glücklich bist. Sie liebt dich. sie ist für dich immer noch da, wenn du dein Herz öffnest. Lausche den Wolken oder achte auf die Symbile der geistigen Welt, Federn, zahlen ?

  2. meintoefftoeffumerle sagt:

    Lieber Weltentrommler,
    So eine Oma, viele Oma´s, werden vergessen, einfach so. Wenn sie dann noch in einem Heim leben, – ausgesondert – und ich sage es mit Absicht, dann ist die einzige Erinnerung an sie, ein Gefühl der Schuld. Warum, und was hat das mit – Liebe – zu tun. Nichts.
    Der Tod Deiner Oma, hat Dich an Deine Vergänglichkeit erinnert und das ist gut so. Nur für einen kleinen Augenblick zeigte er Dir wie wichtig – Nähe -, Verständnis, menschliche Wärme ist.
    Auf Deinen Wegen um die Welt, werden Dir Menschen begegnen, die Dir dies schenken, aber es ist keine Liebe, es sind liebevolle Handlungen, die Dir vieles erleichtern.
    Omas können nicht alle ihre Enkelkinder lieben, aber sie dürfen zu allen liebevoll sein. Sie haben die ehrenvolle Aufgabe ihre Enkel, frei ins Leben zu schicken, in dem Gefühl der Geborgenheit und dem Gefühl nur sie geliebt zu haben.
    Nimm Deine Sprache und kommuniziere mit den Alten, die Dir begegnen und erzähle, auf diese Weise, Deiner Oma von den Dingen, die sie nicht hören konnte, wollte oder es Dir unmöglich machten, zu sagen.
    LG.Hilde

  3. Olaf sagt:

    Chapeau! So emotional sich öffentlich zu zeigen: Hut ab. Deine Oma wird Dich lieben und in Ihrem Herzen tragen.
    Genieße weiterhin Deine Reise und den Spirit of Mittelamerika!
    der kleineHeld

  4. Mike, der Käfer, Bulli, Jetta, und KLR fahrer aus Kanada sagt:

    Unser tiefste Beileid Andreas. In die letzten paar Monate habe ich meine Mutter und Onkel verloren. Ich weiß wie es geht. Ich bin dankbar dass ich die zeit mit die richtig genossen habe. Wieder, sehr schön geschrieben. Erinnert mir etwas von Eine Postkarte für Herrn Altenkirch von Barbara Honigmann.

  5. Weltenstromer sagt:

    Herzlichen Dank euch allen für die Anteilnahme und die vielen Zuschriften auch auf Facebook. Wer von euch hat denn jemandem etwas Wichtiges gesagt?

    Herzliche Grüße,
    Andreas

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