Eines der großen Highlights Boliviens ist der Salar de Uyuni. Klar, dass wir ihn sehen und mit unseren V-Stroms befahren wollen. Kaum vorstellbar, doch dieser Salzsee umfasst gut 10.000 km². Er ist so flach, dass man in der Mitte des Naturspektakels nichts außer den Salt Flats sieht. Für eine Zeit kann man gut und gerne meinen, dass die Erde wirklich nur eine Scheibe sei. Doch nähert man sich dem Rand, sieht man, wie sich Hügel schrittweise in die Höhe schrauben. Ach, hätte Galileo diesen Ort damals nur gekannt…
Bei erstaunlichem Grip ballern wir frohen Mutes in einem Affenzahn über die Salzplatten mit Zielrichtung Salzhotel. Die Abenddämmerung strahlt, das Abendbrot lockt. Alles gut, so sollte man meinen. Doch dann kommt alles ganz anders als wir denken.
Kupplungscrash in der Sanddüne
Anstelle einer offiziellen Ausfahrt aus dem See ans Land stoßen wir kurz vor dem Ziel auf eine Art Sanddüne. Wir versuchen mit Schwung bis zur nur wenige hundert Meter entfernten Straße zu kommen – bleiben aber schon nach wenigen Metern im losen Untergrund stecken. Wir entladen die Mopeds, lassen Reifendruck ab und buddeln zuerst Andreas‘ Töff aus dem Sand. Mit Karacho und ordentlich Anschieben brettert er schließlich in einer dicken Staubwolke zur Straße. Jetzt heißt es, mein Vehikel ins sichere Fahrwasser zu bringen. Es wäre auch alles irgendwie zu einfach, wenn auch das jetzt auf Anhieb klappen würde, oder?
Meine Kupplung brennt jedenfalls auf einmal durch und meine V-Strom bewegt sich keinen Millimeter mehr von der Stelle. Die komplette Traktion am Hinterrad ist weg. Jetzt gucken wir ziemlich doof aus der Wäsche. Ohne Motor bekommen wir die 260 kg-Maschine nicht bergauf durch dieses Terrain geschoben…
(Für alle Nichttechniker ganz profan gesagt: Die Kupplung verbindet den Motor über die Kette mit dem Hinterreifen. Funktioniert die Kupplung, dreht das Rad und gibt so Schubkraft. Ist sie kaputt, jault lediglich der Motor beim Gasgeben und es passiert nüscht in Sachen Vorwärtskommen.)
Andreas braust also mit seiner funktionierenden Maschine los gen ein nahes Salzhotel, um Hilfe zu holen, ich halte die Stellung. (Irgendwie erinnert mich die Situation in Peru als wir in den Bergen im Nirgendwo stecken geblieben sind und der Motor von Andreas‘ Maschine nicht mehr ansprang.) Kurze Zeit später naht Rettung in Form von Reiseführer Basislio mit seinem Megajeep, den Andreas in der Unterkunft aufgegabelt hat. Zu dritt wuchten wir das Moped mit vereinten Kräften auf die Straße, vertäuen es mit einem Seil, das wir vor ein paar Tagen zufällig beim Zelten am Strand des Titicaca-Sees gefunden haben, an Basilios Auto und zockeln durch die Nacht.
Abschleppen über den Salar de Uyuni
Wenig später erreichen wir ausgelaugt aber glücklich das Salzhotel. Nach eingehender Kupplungsanalyse wird klar: Da ist was Größeres hinüber. Nix, was man hier in der Pampa reparieren könnte. Wir müssen die Mopeds irgendwie 100 km über den Salzsee in die nächste Werkstatt nach Uyuni überführen.
Glücklicherweise bekommen wir in Uyuni einen Schrauberkontakt. Unser Freund Jaime von Xtress, mit dem wir in La Paz Bekanntschaft gemacht haben, kennt hier wen und stellt den Kontakt her. Huascar von Nomada Experience will uns morgen in seiner Garage in Empfang nehmen.
Vielleicht sollte ich erwähnen, dass es in dieser Nacht schneit und die Pisten zum Salar am nächsten Morgen ein wahrer Traum aus rutschigem Matsch sind. Was in Deutschland unmöglich wäre, ist hier kein Problem – hoffen wir jedenfalls. Zwischen den Sturzbügeln der Mopeds spannen wir unser Seil und Sir Bumblebee wird so in einem Abstand von einem Meter von Andreas‘ Motorrad abgeschleppt. Wir erkundigen uns noch, wie wir wieder auf den Salar kommen – diesmal allerdings ohne Dünenüberquerung. Wir erfahren, dass es im nächsten Ort einen Checkpoint geben soll, ab dort führt eine offizielle Piste auf die Salzkruste.
Treff mit der Armee
Mit atemberaubenden 20 km/h nähern wir uns dem Einstieg. Hier steht tatsächlich ein offiziell aussehendes Häuschen inmitten von Kakteen – also schnell weitergefahren und rauf auf den See. Hoffentlich sieht uns keiner mit unserer waghalsigen Abschleppkonstruktion.
Irgendwann umgibt uns nur noch weiße Weite. Noch 70 km bis zum Ziel. Die Sonne scheint, doch dann tauchen Wolken in Fahrtrichtung auf, die eindeutig mit Schnee gefüllt sind. Huff, hoffentlich landen wir nicht noch in einem Schneesturm! Wir konzentrieren uns und eiern so schnell wie möglich über den rumpligen Untergrund.
Urplötzlich taucht neben uns aus dem Nichts ein Fahrzeug mit Sirene und Blaulicht auf. Ein Soldat mit Maschinengewehr und ein anderer Uniformierter steigen aus. Sie machen zahlreiche Fotos von uns, den Motorrädern, unserer Abschleppkonstruktion – und unseren Ausweisen. Hoffentlich fragen die jetzt nicht auch noch nach den nicht vorhandenen Eintrittstickets. Machen sie nicht. Puh! Stattdessen wollen sie uns überraschend und ganz uneigennützig helfen und uns bis nach Uyuni lotsen.
Sie rasen los, wir zockeln hinterher. Da sie aber ungefähr sechs mal schneller als wir fahren und ständig auf uns warten müssen, wird ihnen die Sache bald zu langweilig. Sie zeigen uns schließlich eine offiziell aussehende Salzstraße, die uns ans Ziel bringen soll, machen weitere Fotos (wir dürfen aber keine von ihnen aufnehmen – komisch, oder?) und brausen davon.
Rettung in Uyuni
Weiter quälen wir uns über den Salar und bleiben erneut an seiner Küste kurz vorm Ziel stecken. Die Unwetterwolke vor uns hat hier abgeregnet und das Salz ist zu einer Art knöcheltiefem Schlamm mutiert. Ohne funktionierende Kupplung kriegen wir meine Maschine nicht raus. Nur gut, dass die Einheimischen alle hilfsbereit sind und fette Jeeps fahren. So schaffen wir es schließlich mit vereinten Kräften durch knietiefe, riesige Salzwasserpfützen ans nahende Ufer.
Nach dieser Aktion sehen sowohl die Stromsis als auch wir wie mit einer Zucker- bzw. Salzkruste überzogen aus. Das Zeug muss dringend runter, um Korrosion direkt im Keim zu ersticken. Das ist nämlich Hauptfeind Nummer 1 nach einer Salarüberquerung. Mopeds also fix gewaschen und endlich über Asphalt ab zur Werkstatt im Zentrum Uyunis.
Inhaber Huascar und Mitarbeiterin Fatima empfangen uns freundlich. In seinem Laden dürfen die Motorräder bleiben während wir uns daran machen, eine neue Kupplung zu suchen. Wie das wohl werden wird? Wir haben nämlich schon das Motto Boliviens gehört, das Spektakuläres zu erwarten lässt: „Alles ist möglich. Nichts ist sicher.“
Doch die Kupplungssuche geht erst morgen los. Heute ist es schon zu spät, um irgendetwas anderes zu tun als etwas zu essen und schlafen zu gehen. Nur gut, dass Fatima uns zu sich nach Hause eingeladen hat. Hier finden wir nämlich ein warmes Bett und in Fatima eine herzliche Gastgeberin, die sogar deutsch spricht, weil sie viele Jahre im Sauerland gewohnt hat.
Für heute also gute Nacht und auf die Fortsetzung des Kupplungs-Krimis.
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Was macht Ihr nur, wenn Ihr wieder in Deutschland seid? Langweilige gut asphaltierte Straßen.
Hihi. Mal sehen, dann erfreuen wir uns an den schönen Zielen! Und mal ohne Abschleppabenteuer unterwegs zu sein, hat auch eindeutig seine Vorteile ?
Ihr seid jetzt die zweiten wir kennen die nach Uyuni gefahren sind. Ich drück die Dauemen dass die Reparitur gut geht.