Authentische Entscheidungen – eine Dreijährige macht es vor

Neulich hat eine knapp Dreijährigen vorgeführt, dass es eigentlich ganz einfach ist, klar und authentisch in Entscheidungen zu sein. Sie sagt nämlich z.B. sehr konsequent an, wer in ihr Zimmer darf, wer nicht und setzt ungebetene Gäste direkt vor die Tür. Dabei ist es egal, ob es sich um den Kindergartenfreund oder die Großeltern handelt. Sie grübelt nicht lange, ob die Leute wiederkommen, sie noch mögen oder sich darüber beschweren, sondern gibt ihre Meinung kund. Das tolle dabei ist, dass ihre Eltern sie darin unterstützen, ihre eigenen Grenzen zu setzen und zu halten.

Nachdem ich das miterlebt habe, frage ich mich nun: Was laden wir als Erwachsene in unser Leben ein? Und wem oder was schließen wir die Tür vor der Nase zu? Trauen wir uns, unserer Intuition, unseren Wünschen oder Überzeugungen dabei zu folgen? Oder geschieht es manchmal, dass wir Situationen, Konstellationen oder wiederkehrende Begegnungen mit Menschen aushalten, obwohl es nicht (mehr) stimmig ist? Wenn wir immer wieder ja sagen und gleichzeitig nein meinen, haben wir bald keinen Platz und keine Kapazität mehr für das, was uns wirklich wichtig ist. Wir treten auf der Stelle, kommen nicht weiter, engen uns ein.

Ob wir es früher auch gelernt und dann später verlernt haben oder es uns gerade erarbeiten, wünsche ich uns das nötige Feingefühl zu erkennen, was uns gut tut und unser Leben bereichert. Kraft und Mut, entsprechend zu handeln. Und das Vertrauen darin, dass alles gut wird und wir Freiheit gewinnen, wenn wir klar in unseren Entscheidungen sind.

Felicitas



Wünsche für das neue Jahr

Aus gegebenen Weihnachtsanlass melden wir uns nach einer kleinen Berichtspause über unser 15-monatiges-Motorradreise-Abenteuer von Nord-, Mittel- und Südamerika zurück. Wie wir aus Valparaiso in Chile zurück nach Aachen gekommen sind und wie das Einleben hier funktioniert, berichten wir dir natürlich noch, denn das ist ein eigenes Kapitel für sich und das Jahr mit dir als treuem Leser zu verbringen, war uns ein Vergnügen, das wir noch weiterzuführen gedenken.

Anhand der Schreibpause kannst du dir sicherlich denken, dass es für uns eine Umstellung ist, wieder in vertrauten Landen zu sein. Irgendwie erscheint alles bekannt und doch ganz anders. Was sich hingegen nicht verändert hat, sind die von mir heißgeliebten Weihnachtstraditionen. Und diese erstrahlen in einem noch leuchtenderen Licht. Doch höre selbst!

Weihnachtsfreuden von Tequila bis zu Bachs Weihnachtsoratorium

Letztes Jahr haben wir die Festtage mit einer mexikanischen Familie verbracht, die uns an einem entlegenen Strand traf und befand, dass wir die Feiertage mit ihnen verbringen sollten, wenn unsere eigenen Eltern und Geschwister schon so weit entfernt sind. Da saßen wir damals bei Grillparty mit Tacos und Tequila. Zurück in Deutschland weht uns dieses Jahr sehr zu meiner Freude seit September der Duft von Zimtsternen und Stollen um die Nase, der Tannenbaum steht seit zwei Wochen festlich geschmückt, überall funkelt es golden und glitzernd zwischen den ganzen Kerzen. Ach, herrlich!

Und dann kommt das Highlight: Bachs Weihnachtsoratorium!

Seit Ewigkeiten lädt der Overbacher Kammerchor ehemalige Sänger und Musiker ein, dieses Wunderwerk der Musik am vierten Advent zu zelebrieren. Und so freue ich mich auch dieses Jahr, wieder dabei zu sein. Zur Feier des Tages wird die daheim stehende Bach-Büste mit einer Lichterkette umwickelt, Maria (Andreas‘ Schwester und eine meiner liebsten Freundinnen) und ich stehen wie immer nebeneinander wie die Weihnachtsengel im Chor und jubilieren in den höchsten Tönen (ja, wirklich hoch, denn der Sopran geht bis zum A), der Chor schwelgt in den Läufen, das Orchester glänzt, die Solisten brillieren und das Publikum wird auf Weihnachten eingestimmt.

Bach thront bei uns daheim nebst Mönch und Tropenpflanze.

Und dann passiert es. Bei einer Arie mit Basso Continuo Begleitung vibriert auf einmal das Podest. Die tiefen Klänge bringen nicht nur das Holz in Schwingung, sondern den ganzen Körper – so als ob das, was hier verkündet wird jede Zelle erfüllen soll. Und das tut es.

Ganz klare Aufforderung: „Jauchzet, frohlocket!“

Die Musik und Texte finden ihren Weg vom Papier über die Musik direkt ins Herz. Und was mich so bewegt hat, davon möchte ich jetzt erzählen. Hör dir dazu das erste Chorstück aus dem Weihnachtsoratorium an, das allseits bekannte und beliebte „Jauchzet, frohlocket!“.

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=xNj_QsC81_8&w=560&h=315]

Jauchzet, frohlocket! Auf, preiset die Tage,
rühmet, was heute der Höchste getan!
Lasset das Zagen, verbannet die Klage,
stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an!
Dienet dem Höchsten mit herrlichen Chören,
lasst uns den Namen des Herrschers verehren!

Weihnachtsoratorium

Die Aufforderung ist ganz klar: Freue dich, jubiliere, sei voll von Fröhlichkeit. Höre auf zu hadern, zu meckern, zu schimpfen.

Und warum sollte ich das tun? Der eine Typ hat mir vorhin beim Einkaufen den Parkplatz weggeschnappt, puh, alles ist so anstrengend, es muss noch geputzt werden, es ist kalt, der Kollege nervt, trotz Weihnachtszeit gibt’s Uneinigkeit in der Familie, eine Erkältung ist auch im Anflug, außerdem war ich vorhin nicht so nett wie ich es hätte sein können, das muss doch besser gehen, geliebte Menschen sind nicht mehr da, Freunde sind ernstlich erkrankt.

Na, kommt dir irgendwas davon bekannt vor?

Das Gedankenkarussel rotiert und ganz schleichend liege ich mit mir, mit meinen Mitmenschen, der Welt im Allgemeinen im Klinsch. Die Gedanken sind wie vergiftet, ich fühle mich auch schon richtig mies. Und nun soll ich mich freuen? Wie absurd! Für Freude, ja gar Frohlocken ist doch überhaupt kein Platz. Und überhaupt, woran soll ich mich denn in meinem Jammertal erfreuen?

In der christlichen Tradition heißt es, dass Gott seinen Sohn in die Welt schickt, um diese zu erlösen und damit all das Zagen, die Verzweiflung, die Qual, die kein Ende zu nehmen scheinen, zu beenden. Einfach so, damit es uns Menschen gut geht.

Diesen Gedanken finde ich tröstlich. Stell dir vor, es gibt einen Lichtblick. Hoffnung. Egal, wie schlimm es gerade sein mag, wie auswegslos, wie verzweifelt. Ist das nicht ein Grund zur Freude?

Widerwillige Erkenntnis – „Das Geschenk“ von Tocotronic

Wer die frohe Botschaft lieber in weltlichen Worten vernehmen möchte, gäbe es noch etwas anderes im Angebot und zwar von meinen Jugendhelden Tocotronic. 

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=i7m8pVwJ8tc?start=200&w=560&h=315]

Man gab mir soeben das Geschenk meines Lebens.
Das Wissen von einem Ende der Nacht.
Ich war widerstrebend,
doch es blieb an mir kleben
als hätte es einer an mir festgemacht.

Tocotronic

Es erscheint mir, dass wir Menschen schlicht und ergreifend mehrmals in unterschiedlichen Sprachen, ja sogar mit Engelszungen redend daran erinnert werden müssen, dass es Trost, Freude, Hoffnung in unserem Leben gibt. Zumindest geht es mir so.

Das Licht am Ende des Tunnels

Diese musikalische Botschaft sinkt nach der Reise noch einmal ganz anders ein als all die Jahrzehnte zuvor und erfüllt mich nun wirklich mit Freude. Denn, auf der Reise habe ich außerhalb meiner Komfortzone oft genug erlebt, dass egal in was für einer furchtbaren und teilweise wirklich heiklen bis hin zu sogar fast lebensbedrohlichen Situation Andreas und ich uns befanden, mir immer klar war, dass es eine Lösung geben wird. Sozusagen leuchtete das Licht am Ende des Tunnels immer ganz kräftig und das hat Mut gemacht.

Doch hier im überschaubaren und vergleichsweise sicheren Alltag erlebe ich diese Gewissheit deutlich seltener, verzage deutlich schneller und brauche eben die Erinnerung an das, was ich noch vor Kurzem so präsent hatte.

Wünsche für das neue Jahr

Und so wünsche ich dir, mir und uns allen für das kommende neue Jahr Vertrauen und Zuversicht in herausfordernden Situationen. Worte, die uns Trost spenden. Musik, die das Herze wärmt. Jeden Tag einen Grund zu lachen. Freunde, die uns wieder auf die Spur bringen. Fröhlichkeit. Erfahrungen, die uns zeigen

Am Ende wird alles gut. Wenn es nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.

Oscar Wild über anonym zugesprochen bis hin zu einer indischen Weisheit

Felicitas

P.S.: Damit du so eine Idee hast, in welchen Situationen ich trotz der Umstände stets das Gefühl hatte, dass es einen guten Ausgang geben wird, auch wenn ich in dem Moment noch nicht wusste, wie das möglich sein sollte, hier eine kleine Auswahl:

  1. unsere Fahrt mit kaputter Fußraste zum Vulkan Telica in Nicaragua
  2. wie wir vom Wind in Mexiko von der Straße geweht wurden
  3. die kaputte Kupplung auf dem Salar de Uyuni
  4. unsere Passüberquerung im bolivianischen Winter.

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Spiritual Coaches & Ayahuasca Retreat im Cusco Healing Tree Center

„Kind, nimm keine Drogen!“ In dieser pädagogischen Linie waren sich meine Eltern ziemlich einig. Bewusstseinserweiternde Mittel einwerfen? Bloß nicht! Das macht was mit deinem Gehirn und deiner Wahrnehmung! Und am Ende bleibst du in so einem Zustand der geistigen Umnachtung. Du lebst in einer völlig anderen Realität. Dein Leben geht bergab und überhaupt ist alles vorbei. Na ja, letzteres stand unausgesprochen irgendwie im Raum.

Doch irgendwie übt die Möglichkeit, das Bewusstsein zu erweitern und so das Leben auf unterschiedlichen Ebenen wahrzunehmen, einen ziemlichen Reiz aus. So habe ich festgestellt, dass es verschiedene Dinge in meinem Leben gibt, die ganz ohne chemische oder pflanzliche Mittel einiges mit meiner Wahrnehmung anstellen, Bewusstsein erweitern und eine veränderte Lebensrealität erzeugen – und nebenbei zusätzlich noch Freude bringen:

  • Meditation – bringt schöpferische Kraft
  • bewusstes Atmen – entspannt
  • Licht – hellt die Laune auf
  • Geschichten – erweitern das Bewusstsein
  • Gefühle – färben Erlebtes, bringen Höhenflüge oder lähmen
  • Musik – beeinflusst die Stimmung
  • Bilder – erwecken Emotionen vom Lachen bis zum Weinen
  • Natur – verändert die Selbstwahrnehmung
  • Schönheit – schafft Ehrfurcht und Staunen
  • Reisen – vermeintliche Risiken werden geringer bewertet
  • inspirierender Austausch – beeinflusst die Weltanschauung
  • Coaching – verändert die Persönlichkeit nachhaltig
  • Düfte – beruhigen, putschen auf, verführen
  • Delikatessen – entführen in eine andere Welt

Und weil sich diese Erlebnisse gut mit Reisen verbinden lassen, steht unser Abenteuer seit Beginn unter dem Stern, Welten zu erkunden – materielle, emotionale, spirituelle und unser Bewusstsein zu erweitern. Daher rührt übrigens u.a. unser Name Weltenstromer.

Zeremonien im Healing Tree Center

Folgerichtig suchen wir in Peru nach einem geeigneten Ort, weitere Erfahrung in Sachen Bewusstseinserweiterung und Auseinandersetzung mit uns selbst zu sammeln. Schnell werden wir fündig und sind uns einig, dass das Healing Tree Center für uns die richtige Anlaufstelle ist.

Italo, Juanita und ihr Team haben ein kleines Zentrum in den Bergen Cuscos aufgebaut. Die Nachbarschaft besteht aus Schafen, Lamas und Eseln, die in herrlicher Landschaft beim Grasen von Hirten beaufsichtigt werden. Internet gibt es nicht oder nur manchmal, wenn der Wind gut steht. Die perfekte Umgebung also zur Selbstfindung.

Cusco, Fuji XT20, Lama, Peru_DSCF1107_1180

Unser haariger Nachbar.

Das Healing Tree Center hat es sich zur Bestimmung gemacht, Suchenden mit San Pedro und Ayauhasca Zeremonien Hilfestellung bei der Heilung von Vergangenheit, Traumabewältigung bis hin zur Visionsfindung für die Zukunft zu geben.

Wir beginnen mit dem als sanften Einstieg in die spirituelle Welt und Andenschamanismus bekannten San Pedro Kaktus. Ziel ist es, einen Tag im Einklang mit der Natur zu erleben und die Verbindung von Erde und Kosmos im Körper bewusst zu spüren. Wie es uns dabei ergangen ist, kannst du hier lesen.

Nach dem Retreat ist uns irgendwie klar, dass es noch nicht alles gewesen sein kann und zu einem vollständigen Erlebnis des peruanischen Schamanisus‘ die Begegnung mit der Mutter aller Pflanzen, der Doctorcita und visionsbringenden Ayahuasca gehört.

Vorbereitung auf die Ayahuasca Zeremonie

Die Pflanze aller Pflanzen wächst im Urwald und ist mehrere tausende von Jahren alt. Man sagt ihr ein eigenes Bewusstsein und in der traditionellen Medizin verabreicht eine tiefgreifende Heilung und Reinigung sogar von karmischen Verbindungen nach. Klar, dass wir neugierig sind. Bewusst setzen wir uns mit diesen Themen seit einigen Jahren durch dem Baum des Lebens nach Arkadij Petrov auseinander. Jetzt wollen wir wissen, wie dies die Super-Pflanze unterbewusst mit uns anstellt.

Vor der Zeremonie lernen wir den Shipibo Schamanen Maestro Lucio Mahua Ahuanari kennen. Obwohl er erst 25 Jahre alt ist, besitzt er bereits 14 Jahre Erfahrung mit Ayahuasca Zeremonin. Das liegt daran, dass er in eine Familie geboren wurde, die komplett aus Schamanen besteht. Er wird den Raum energetisch vorbereiten, die Medizin segnen und die traditionellen Heilungsgesänge, die Icaros, singen und unsere Visionsreise begleiten. Das übersetzt uns Juanita, die für uns während der Zeremonie da sein wird.

Hier kannst du ein Icaro hören, gesungen von Maestro Lucios Eltern: Maestro Benjamin und Maestra Antonia Mauyi 

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=tUx_Qgp2Sag?rel=0&w=560&h=315]

Fürderhin besprechen wir im Zuge der Vorbereitung die sogenannte Vomitting-Position (ich finde, das klingt deutlich besser als Kotzstellung). Diese ist übrigens ganz entspannt im Vierfüßlerstand, weil das die Zielsicherheit erhöht und den Prozess als solchen vereinfacht da beschleunigt. Das Vorabbesprechen der besagten Körperhaltung ist essentiell, da wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit später benebelt sein werden und dann genau wissen sollten, was zu tun ist, und zum anderen eine tiefgreifende Reinigung erleben werden. Und da lautet das Motto eindeutig „Alles muss raus!“ und zwar in den bereitgestellten Eimer.

Und dann gibt es noch einen weiteren, essentiellen Aspekt: die sechs Grundpfeiler. Diese sollen wir verinnerlichen, um gut durch die Zeremonie zu gelangen. Schließlich wissen wir nicht, wie unsere Erfahrung aussehen wird. Reisen zu entlegenen Planeten, Zukunftsvisionen, gefräßige Schlangen, Schmerzen alter Inkarnationen, Emotionen. Alles ist möglich. Da brauchen wir einen verlässlichen Halt.

  1. Courage (Mut): Mut, um durch alles durchzugehen, was wir erleben werden.
  2. Faith (Glauben): Glaube in die Medizin, dass sie das richtige zeigen wird.
  3. Confidence (Vertrauen): Vertrauen in die Medizin, den Schamanen, die Helfer und uns selbst.
  4. Respect (Respekt): Respekt vor der Medizin, d.h., wir folgen ihrer Führung und sagen nicht „Nö, ich will aber nicht“.
  5. Humility (Demut): in Demut und Dankbarkeit nehmen wir das Gezeigte, Gefühlte, Erlebte als Geschenk an.
  6. Control (Steuerung): Steuerung im Sinne von eigener Zentrierung und Fokussierung.

Als meine persönliche Vorbereitung für die nächtliche Zeremonie meditiere ich und sortiere meine Anliegen, denn es soll sogar möglich sein, mit Ayahuasca zu kommunizieren. Nun schreibe ich also mehrere Seiten Themen nieder, die ich gerne bearbeiten und auflösen möchte. Es steht fest, das Tagebuch muss in die Zeremonie mit – schließlich soll ja alles, was darin steht, harmonisiert werden. Ob das vielleicht etwas ambitioniert für sechs Stunden ist?

Die Zeremonie

Ehrlich gesagt, bin ich ziemlich nervös, als ich mich in so ziemlich alle Kleidungsstücke hülle, die ich mit habe. Ein Hoch auf das flauschige Merino-Schaf, aus dem meine Sachen sind.

Wir treffen in der Halle ein und setzen uns auf unsere Lager für die Nacht. Maestro Lucio singt in seiner Muttersprache, betet und schon geht es los. Glücklicherweise brauche ich nur ein gutes Viertelglas der Medizin zu trinken (im Gegensatz zu Andreas, der mit drei vollen Bechern während der gesamten Nacht beglückt wird – ich habe keine Ahnung, wie er das geschafft hat). Wer schon einmal Aronia-Saft und super starken Espresso gemischt getrunken hat, der bekommt in etwa eine Vorstellung sowohl von Farbe, Konsistenz als auch Geschmack der Medizin (bisher hab ich besagte Getränke nur in Einzelteilen genossen, ich nehme aber an, dass die Kombination Ayahuasca-Aroma hervorbringt).

Dann geht das Licht aus. Und es passiert: Nüscht. Ich verlege mich aufs Atmen und darauf, keine Erwartungen haben. Irgendwann fragt mich Juanita, ob ich denn was sähe oder mir schwindelig sei. Ich sag mal nein, doch so ganz locker geht mir das nicht mehr von der Zunge. Und dann fängt Lucio plötzlich an zu singen. Und ein Schalter wird umgelegt. Himmel, so etwas habe ich weder zuvor erlebt noch mir die Zeremonie so vorgestellt.

Was ich sehe? Bunte Mandalas! In den wildesten Farben. Hui. Und die drehen sich so schnell. Dann stoppt der Gesang für eine Weile und ich dämmere wieder vor mich hin und friere. Mittlerweile gehen vor meinem geistigen Auge wüsteste Bilder vorbei und ineinander über. Ich hatte ja keine Ahnung, dass sich mein Hirn so was fließend und pausenlos ausdenken kann. Dann zückt Maestro Lucio meinen Endgegner, eine Flöte, die ein Mundstück besitzt, aber zwei Röhren. Das Ende vom Lied sind zwei Töne, die in meinem Ohr nicht unbedingt harmonisch klingen und das Kopfkino in ungeahnt schaurige Bahnen lenkt.

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Maestro Lucio spielt meinen persönlichen Endgegener: die Doppelflöte.

Und nun wird mir mulmig und ich bekomme echt Angst. Bei San Pedro habe ich ja schon gelernt, dass die Nacht zur Ewigkeit wird, wenn ich nicht tief atme und mich komplett in die Erfahrung fallenlasse. Wer gegen die Medizin so wie offenbar ich kämpft, verlängert seine Leidensgeschichte drastisch (Zum Vergleich: Üblicherweise dauert eine San Pedro Zeremonie sechs Stunden. Ich war 14 in einem ziemlich unangenehmen Zustand zu Gange.) Auf so eine Erfahrung bin ich nun wirklich nicht noch einmal scharf, zumal mir jetzt kalt und schwindelig ist und mein Kopfkino echt abgefahren weiterdreht.

Mist, und jetzt? Das ganze wächst sich gerade zu einem Horrtrip aus und ich denke noch, hätte ich mal auf meine Eltern gehört. Von wegen bewusstseinserweiternde Mittel und so.

Doch dann taucht meine Rettung auf in Form von Juanita. Sie kniet sich sanft an mein Kopfende und sagt schlicht und ergreifend „Remember your courage!“. Das klingt irgendwas zwischen banal und einfach, doch wenn du das Gefühl hast, eine Nacht lang voller Panik vor dir zu haben und du am ganzen Körper anfängst zu zittern, wird es etwas herausfordernd. Doch genau diese Worte sind es, die mich wieder zu mir und fort von der aufkeimenden Panik führen. Ich stürze mich also wagemutig in die Woge aus Visionen und schmerzhaften Gefühlen und murmele Ayahuasca zu, sie möge doch bitte „gentle“ mit mir sein.

Das hilft.

Dann fühle ich mich irgendwann umgeben von Schlangen, Leoparden, Adlern. Ich bin im Urwald. Eine Schlange verschlingt zwischendurch sogar meinen Kopf. Elchgeweihe fliegen durch die Gegend. Die Farben bleiben spektakulär bunt. Ui.

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Die Icaros werden tradtionell von Maracas begleitet.

Maestro Lucio singt gnädigerweise wieder und lässt von dieser grässlichen Flöte ab – und das ist echt schön. Doch leider währt dieses Glück nicht für lange, denn erneut wird das Blasinstrument gezückt. Das bringt mich schlagartig in die Vomitting-Position und einen ordentlichen Schwall in den gut platzierten Eimer. Bäh. Ich überlege noch, ob mir es jetzt peinlich sein sollte, vor gleich vier Personen mein Inneres nach außen zu kehren oder ob ich mit der Geräuschkulisse die beiden anderen Zereremonieteilnehmer Andreas und Irina störe, doch für ernsthafte Skrupel diesbezüglich ist mir einfach zu schlecht. Erstaunlich eigentlich, dass sogar in Situationen der Not, sich einstudierte Muster einschalten und das in diesem Moment richtige Verhalten zu unterdrücken versuchen. Irgendwann habe ich offenbar einstudiert, dass man sich besser bei Übelkeit zurückzieht und auf keinen Fall sich vor anderen erleichtert, weil das nicht schicklich ist.

Glücklicherweise ist Juanita wieder an meiner Seite, um mir auch durch diese Phase der Ayahuasca-Zeremonie zu helfen. Das Besondere dabei ist für mich, dass sie mit ihrer vollen Aufmerksamkeit neben mir kniet, Wasser reicht, aufmunternde Worte bereithält. Diese volle Konzentration und Anteilnahme ohne zu bemitleiden ist wohltuend. Ich glaube, gerade in den heilenden und helfenden Berufen ist es eine Herausforderung, empathischen den Patienten zu unterstützen ohne sich selbst persönlich darin zu verlieren.

Diese Erfahrung ist im späteren Verlauf hilfreich als plötzlich die Kübel in den zwei Nachbarlagern in Anspruch genommen werden. Es erfordert eine enorme Konzentration, in meinem eigenen anstrengenden Prozess zu bleiben und mich nicht von den Geräuschen um mich herum davon ablenken zu lassen. Gar nicht so einfach, weil mir jetzt schlecht zu werden beginnt. Nicht unbedingt weil mir so übel ist, sondern weil ich mich automatisch mit den Gefühlen der anderen verbinde. Dieser Effekt wird um so stärker, als ich Andreas höre. Gleichzeitig ist mir auch bewusst, dass ich weder meinem geliebten Mann noch Irina in meinem Zustand beistehen kann (dafür ist Juanita da), noch dass es meine Aufgabe ist. Diese besteht einzig und allein darin, durch meine Nacht zu gehen.

Erst nach der Reinigung erlebe ich die eigentliche Freude an Ayahuasca: Mit neuem Mut, Vertrauen und dem Glauben daran, dass alles gut wird, geht es ans Eingemachte. Madrecito geht tatsächlich jeden einzelnen niedergeschriebenen Glaubenssatz aus meinem Tagebuch mit mir durch und ich kann sie so auflösen und gegen schöne, freudvolle, leuchtende austauschte. Die Sätze höre ich und sehe sie geschrieben vor mir.

Wow! Das ist echt der Hammer. Doch leider kann ich mich heute an keinen Wortlaut mehr erinnern. Und trotzdem weiß ich, das es passiert ist.

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Das sind wir, glücklich und inspiriert am Morgen nach der Ayahuasca-Zerermonie: Wir, Chico Rico, Juanita, Maestro Lucio, Irina und Maestro Julio.

Die Moral von der Geschicht‘

Die Ayahuasca Zeremonie hat mir gezeigt, dass mit Mut, Vertrauen und Fokussierung Herausforderungen, auch die dunkelsten Nächte, gemeistert werden können – egal wie lang diese zu werden gedenken. Fokus heißt in diesem Zusammenhang zentriert sein, sich mit der eigenen Atmung, dem Herzen, Geiste und der Seele zu verbinden.

Und wenn man Angst hat – kein Problem. Denn, nur wer überhaupt Angst zu empfinden vermag, kann mutig sein und über sich hinauswachsen. Manchmal besteht der Mut darin, sich in die Herausforderung hineinfallen zu lassen und ihr mit offenen Armen zu begegnen.

Das hilft auch dabei, Erlebnisse als Erfahrungen wahrzunehmen und nicht als gut oder schlecht zu bewerten.

Eine weitere Erfahrung aus dieser Zeremonie ist, dass man manchmal alleine durch seinen Prozess gehen muss – und das auch, wenn der eigene Partner im Raum ist und eine spektakuläre, herausfordernde oder intensive Zeit hat. Es hilft nämlich keinem weiter, wenn man mit dem anderen mitleidet oder aus seiner Arbeit aussteigt und eine halsbrecherische, vermeintliche Rettungsaktion startet.

Im Gegenteil, sobald man seine Hilfe jemandem anbietet, sollte das aus voller Kraft, mit der gesamten Aufmerksamkeit und ohne emotionale Verquickung geschehen.

Auch wenn wir auf Hilfestellung von außen treffen, liegt letztendlich der Schlüssel in uns selbst, denn andere können uns zwar in Zeiten der Not stützen, doch nicht durch sie hindurchtragen oder für uns übernehmen.

Spiritual Coaches

Für uns beide waren die schamanischen Zeremonien bewegende Erfahrungen, in denen wir viel über uns selbst gelernt haben. Gleichzeitig hat es wie ein spiritueller Shortcut gewirkt, denn unsere Meditationen und Visualisierungen laufen jetzt viel einfacher.

Das macht uns neugierig auf mehr und wir beginnen eine Kooperation mit dem Healing Tree Center als Spiritual Coaches. In Deutschland arbeiten und meditieren wir seit nunmehr sieben Jahren mit dem Baum des Lebens nach Arkadij Petrov und seit einiger Zeit unterrichten wir Basiskurse für den Einstieg. Unser Wissen bringen wir jetzt hier im Center ein. Wir stellen nämlich fest, dass die Patienten in ihren Zeremonien mit der Pflanzenmedizin Visionen, intensive emotionale oder körperliche Erfahrungen machen, doch dann nicht wissen, wie sie diese integrieren oder wie sie mit den gewonnenen Erkenntnissen fortfahren sollen. Und hier beginnt unser Coaching. Mit den Visualisierungs- und Meditationstechniken aus dem Baum des Lebens gehen wir individuell auf die Anliegen und Bedürfnisse der Patienten ein. Das, was in den Zeremonien unterbewusst geschehen ist, bearbeiten wir jetzt bewusst in Einzelcoachings und bieten zur Wissensvermittlung Basiskurse an.

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Hier, inmitten dieser Berge, coachen und unterrichten wir. Herrlich!

Die Patienten haben durch ihre Ayahuasca-Zeremonien bereits ein geöffnetes Bewusstsein und können sich so leicht und intuitiv auf Visualisierungen und Energiearbeit einstellen. In Deutschland brauchen wir, bis es dazu kommt, meistens ein bisschen mehr Zeit, da die wohlstrukturierten deutschen Gehirne vorerst überzeugt werden wollen.

Ein weiterer Aspekt unserer Tätigkeit hier ist eine Lichtmeditation in Anlehnung an den Baum des Lebens direkt vor den Ayahuasca-Zeremonien. Das ist nebst Coaching ebenfalls ein Novum für das Healing Tree Center. Viele Patienten sind nervös, aufgeregt oder haben Angst vor der Einnahme der Medizin, was leicht zu einer äußerst unangenehmen Erfahrung und zu Kontrollverlust während der Zeremonie führen kann. Darum ist es wichtig, sich zuvor zu zentrieren und mit positiven Emotionen zu verbinden. So haben wir speziell auf die nächtliche Zeremonie abgestimmt eine Meditation entwickelt. Andreas spielt die Ukulele und ich leite die Patienten an, Licht durch ihren Körper zu senden, sich selbst zu spüren und mit sich zu verbinden. Nach der Meditation sind sie zentriert, erfüllt von goldenem Licht, Liebe und mit ihrer Atmung im Kontakt.

Nun neigt sich unser Aufenthalt in Cusco und Peru dem Ende entgegen. Über die erkenntnisreiche Zeit hier freuen wir uns ebenso wie darauf, die gewonnenen Erfahrungen mit nach Deutschland zu bringen.

Felicitas


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Über das Ritual einer Reise

Obwohl ich schon viele und lange Reisen gemacht und auch im Ausland gearbeitet habe, ist die Vorbereitung auf diese Reise anders.

Es ist weniger der Aufwand, den wir für dieses Unterfangen treiben. Sicherlich übersteigt die Organisation und Logistik bei weitem alles, was ich je in ein privates Projekt investiert habe. Aber während alle bisherigen Welterkundungen aus dem sicheren Hort eines Zuhauses gestartet sind, erscheinen sie mir jetzt rückblickend doch eher als Abenteuer mit Urlaubscharakter. Die Arbeit auszusetzen, auf regelmäßiges Einkommen zu verzichten, die Wohnung auszuräumen, das Auto zu verkaufen, noch einmal alle Freunde, Familie und insbesondere die alten Menschen und Großeltern zu besuchen, löst in mir eine unbekannte Welt von Gefühlen und Gedanken aus.

Neben all der Vorfreude und Aufregung kommt in mir die Frage auf, was ich hier eigentlich mache. Obwohl die eigentliche Reise noch gar nicht angefangen hat sind unzählige Widerstände im Außen und Innen zu überwinden. Das System und der Schweinehund führen Prüfungen an, doch lieber ein angepasstes, normales Leben zu führen. Das Nervenkostüm wird dünner, ich bin gerade sicherlich nicht der elastischste Zeitgenosse.

Mein letzter Arbeitstag, die Feier mit Kollegen und die mit Freunden und Familie läuft wie ein Film an mir vorbei. Ich sehe mich wie von außen, ich höre mich in Gesprächen antworten. Ich frage mich, ob man sich so fühlt, wenn man sich auf das Sterben vorbereitet. Ich spüre den dringenden Wunsch, mich mit allen Menschen in meinem Leben auszusprechen und zu versöhnen. Ich habe bereits zweimal die Erfahrung gemacht, nahestehende Menschen zu verlieren und es hinterher bitterlich bedauert, mir nicht mit ihnen alles von der Seele geredet zu haben. Jetzt, wo ich gehe, will ich diesen Fehler auf keinen Fall wiederholen.

Das andere und neue, was diese Reise von ihren vorhergehenden unterscheidet, ist ihr ritueller und initiativer Charakter. Nach einer Zeit der inneren und äußeren Vorbereitung geht es darum ein altes Leben, einen alten Entwurf von sich loszulassen, eine Prüfung und Transformation zu durchlaufen und als neuer, gestandener Mensch zurückzukehren. Alle diese vier Teile sind wichtig für die Initiation. Die Vorbereitung, das Loslassen, die Transformation und die Integration. Und ich bin schon mittendrin.

Andreas


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