Wie wir von einem kompletten Dorf adoptiert wurden

Wir sitzen in einem kleinen Restaurant mitten im Nirgendwo Guatemalas und warten auf unser Mittagessen (übrigens wird dies der beste Burger und das leckerste Hühnchen-Sandwich ever werden). Auf einmal spricht uns ein sehr sympathischer Mann und dessen Begleiter Nelson an. Wir unterhalten uns, es werden Fotos gemacht und die Stimmung ist super. Das Ende vom Lied: Wir sind bei Elder eingeladen und das, obwohl unser spanischer Wortschatz auf dem Niveau A1 rumwabert. Wir müssen lediglich drei Stunden warten, weil unsere neuen Freunde Hühnchenfleisch und Gemüse in der Nachbarstadt ausliefern. Während wir also warten, zelebriert der Gastwirt den Geburtstag seiner Köchin. Ehrensache, dass auch wir fett Kuchen und Kaffee aufs Haus bekommen.

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Das ist Elder. Mit ihm fing alles an.

Als Elder endlich da ist, knattern wir los, halten irgendwo, mehr Gemüse wechselt den Besitzer. Mittlerweile ist es dunkel und wir warten an einer Kreuzung auf irgendwelche Amigos. Die kommen und springen auf den Laster auf. Und dann sollen wir noch jemanden kennen lernen. Hm, ob wir später wirklich einen Schlafplatz haben? Irgendwann biegen wir in einen ziemlich kleinen Weg in ein ziemliches kleines Dorf. Das GPS zeigt „unbekanntes Land“. Ob das gut geht? Als vorsichtiger Weltreisender soll man ja keinesfalls in der Nacht fahren. Egal, jetzt ist es auch zu spät…

Tierisches Vergnügen

Der Ort heißt übrigens Santiago, versucht man uns im lokalen Dialekt zu erklären, besteht aus nur einer Straße, 270 Häusern und sehr warmherzigen Menschen. Ach ja, und dem Hauptarbeitgeber des Dorfes, einem Laden, der nebst üblichem Sortiment alles und jeden mit Gemüse und Hühnchen beliefert. Auch Elder arbeitet hier. Wir werden mit Lebensmitteln versorgt, dürfen das firmeneigene Moped täglich für unsere Dorfrundfahrten nutzen und fühlen uns direkt heimisch. Klar, dass wir uns die Hühnerställe auch ansehen dürfen. Noch gackern knapp 200 der 600 Hähnchen froh, ahnen sie doch nicht, dass sie eine Woche später kopfüber und kopflos in einer Vorrichtung zum Ausbluten hängen, dann in einem Riesenbottich abgekocht und in einer Art Waschmaschine mit ziemlich großen Gummistangen entfedert werden. Ich habe so etwas zuvor noch nie gesehen.

Da hat der Lieblingspapagei im Dorfladen schon mehr Glück: Er darf auf unseren Schultern sitzen und lernt nebenbei neue Wörter (unter anderem das universelle Superwort „Möff Möff“).

Apropos entfedert: Wir haben die Ehre und werden zum Sonntagsfischen in den eigenen Fischzuchtseen eingeladen. Vorher füttern wir unser Essen noch und sehen dann, wie ein paar Prachtexemplare in einer Pfanne auf Holzfeuer gebraten werden.

Es ist wie in den Ferien hier und wir genießen die Zeit. Aus einer Übernachtung wird fast eine ganze Woche Auszeit in Santiago.

Kulinarische Highlights

Elder scheint alle zu kennen und so knattern wir stets jeden anhupend durch Santiago zu unserer nächsten Einladung und Verabredung (jeden anzuhupen gehört hier einfach zum guten Ton). Wir kochen tatsächlich kein einziges Mal selbst, obwohl in unserem super luxuriösen Haus, das wir im Moment ganz alleine bewohnen, ausreichend Platz wäre.

Ein besonderes Erlebnis für mich ist, dass ich in dem heimischen Familienrestaurant einen Tag mitkochen kann. Es gibt eine Vielzahl an leckeren Gerichten und ich bin damit betraut Tortillas con Pasta de Pollo (Tortillas mit Hühnchenfüllung) für den Abend vorzubereiten. Nach einem sehr schnippelintensiven Nachmittag und ordentlich Teiggewalke geht es an die Königsdisziplin: Tortillas aus kleinen Teigbällen in der Hand formen, hin und her klatschen, so einen perfekten Kreis formen und anschließend auf dem super heißen Ofen garen. Bei Berta Julia sieht das so einfach aus….

Motocrossausritt

Damit das Adrenalin auch hier nicht fehlt, so ganz ohne geht es offenbar nicht, werden wir am Sonntagnachmittag zum Familienausflug (also knapp 20 Personen) eingeladen. Jeder, der einer kleinen Motocross-Maschine habhaft werden kann, rast mit selbiger einen ziemlich holprigen Weg in die Berge hoch. Die anderen sitzen auf der Ladefläche eines Lasters und werden durchgeschüttelt. Oben angekommen wird über Sand und Sprungschanzen gewetteifert, wer höher, weiter, besser mit dem Moped springen kann – und natürlich weitergeschmaust.

In Santiago sind scheinbar alle mit einem Zweirad motorisiert und einige unserer neuen Freunde fahren sogar Rennen mit ihnen. Krass! Zu Übungszwecken trägt man normale Straßenbekleidung. Warum auch mit Helm oder Protektoren unnötig Ballast aufbauen? Ist ja auch viel zu warm!

Bis wir uns mal wiedersehen

Als es dann Zeit für uns wird aufzubrechen, bekommen wir nach einem langen Verabschiedungsmarathon einen Abschieds- und Reisesegen von Herzen. Und es fließen auf allen Seiten reichlich Tränen. Elder bringt uns mit seinem Töff zum Schluss noch an die Straße. Jetzt sind wir wieder allein on the road. Aber versprechen mussten wir in zehn Jahren wiederzukommen.

Es berührt mich sehr, dass Elder uns einfach vom Mittagstisch weg eingeladen hat und uns direkt in sein Leben integriert hat. Wir dürfen seine Familie und Freunde kennen lernen und werden sogar ein Teil der Dorfgemeinschaft. Ich fühle mich direkt heimisch. Elder nimmt sich sogar einen Tag frei, damit er Zeit mit uns verbringen kann. Wer würde das denn bitteschön daheim tun? Fremde einsammeln und für sie blaumachen? Elders schulterzuckender Kommentar dazu: „Freunde sind wichtiger als Geld.“

Herzlichen Dank an euch alle, die uns mit ihrer Gastfreundschaft so reichlich beschenkt haben! Wir sind froh, dass wir eine so wundervolle Zeit in eurem Kreise verleben durften. Es ist für uns etwas ganz Besonderes, direkt Teil einer so großen und herzlichen Gemeinschaft zu sein. El Dios los benediga.

Felicitas


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Mit dem Motorrad auf den Vulkan Telica

Die Vulkane in Zentral-Amerika haben es uns angetan. Nach dem wir schon den Atitlán in Guatemala bestaunt und den San Cristóbal in Nicaragua erklommen haben, steht Telica als nächstes auf unserer Liste. Hier soll man sogar mit etwas Glück Lava sehen können.

Telica ist ein recht aktiver Vulkan und wegen seiner mühseligen Anreise gleichzeitig touristisch nicht überlaufen. Ganz im Sinne des deutschen Sicherheitsempfindens kann man auch diesen Krater besteigen, sich oben auf allen Vieren über die vertrauenseinflößende Kante beugen und seine Lungen mit den nach einer antiken Heilquelle duftenden und mindestens ebenso gesunden Gasen und Dämpfen füllen. Mit  etwas Glück soll man sogar zwischen den Schwaden glühende Lava erspähen können. Außerdem soll es eine tolle Aussicht auf die umliegende Vulkanlandschaft inklusive San Cristóbal im Sonnenuntergang geben. Damit aber noch nicht genug: Für den letzten Adrenalin-Kick schnürt eine Übernachtung im Zelt am Krater noch einen Sonnenaufgang auf das Paket. Wer kann da noch widerstehen? Klingt nach einem Highlight unserer Reise!

Anreise zum Vulcan Telica

Diverse organisierte Touren karren den gut situierten Backpacker von Welt im Allradfahrzeug oder per zwei Tage Hike in den Park. Als eingefleischte Motorrad-Weltreisende wollen wir aber natürlich das ganz große Abenteuer (und uns die Kohle sparen) und planen unsere Anreise mit den Mopeten. Schließlich wollen wir (ich) den wahren offroad-Fähigkeiten unserer V-Stroms auf den Zahn fühlen!

Es braucht dann allerdings doch zwei Anläufe, um das Projekt erfolgreich in die Tat umzusetzen. Unsere erste Anreise auf unseren beiden Motorrädern müssen wir leider schon nach zwei Kilometern abbrechen, weil die Sandpiste ab Las Mercedes für unsere vollbepackten Schiffe auch mit abgelassenem Reifenluftdruck nicht fahrbar ist. Enttäuscht müssen umdisponieren.

Wir fahren in das benachbarte Léon und kehren die Nacht im Blue Hat Hostel ein. Diese Expedition braucht offensichtlich eine ernstere Vorbereitung, da sie mit Abstand die schwierigste Etappe unserer bisherigen Weltumrundung darstellt. Wir beschließen, mit nur einem Motorrad zu fahren und Gepäck im Hostel zwischenzulagern. Werkzeug, Ersatzteile, Campingausrüstung und acht Liter Wasser müssen aber trotzdem mit. Wir können hoffentlich Kraft sparen, weil wir zu zweit nur eine Maschine durch die schwierigen Passagen baggern müssen. Auch die Route arbeiten wir detailliert aus, um alles zeitlich zu schaffen. Die Touri-Jeeps fahren um zwei Uhr los, also starten wir um elf. Das sollte uns hoffentlich genug Reserve geben.

Zweiter Anlauf zum Krater

Am nächsten Tag steht meine V-Strom abfahrbereit vor dem Hostel, während Felicitas ihr Töff auf einem Parqueo zur Bewachung abgibt. Vorsorglich erhöhe ich die Federvorspannung an meinem Touratech-Fahrwerk. Mit der geringen Bodenfreiheit der V-Strom werden wir jeden Millimeter zwischen Geröll und Unterfahrschutz brauchen.

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Fertig gepackt steht meine V-Strom vor dem Hostel, bereit, Vulkan Telica zu bezwingen!

Dann geht es los. Wieder in Las Mercedes lassen wir den Reifenluftdruck aus unseren TKC70 ab. Vorne 1,4 bar, hinten 1,6 bar. Ich bin immer wieder fasziniert, dass diese kleine Maßnahme darüber entscheidet, ob man über Sand fahren kann oder sich hoffnungslos eingräbt. Die ersten zwei Kilometer kennen wir ja bereits, ein gewisser Lerneffekt hat sich auch schon eingestellt. Gutmütig und stoisch arbeitet sich die DL650 mit zwei Personen und Gepäck durch wechselnde Böden zwischen Sand und Geröll. Doch dann kommt eine Passage mit sehr tiefem Sand. Ich fahre sie zu schnell an, das Vorderrad schwimmt zur Seite weg und wir stürzen in Zeitlupe. Nix passiert, ist ja alles puderweich hier. Als sich die Staubwolke legt, halten zwei Locals auf ihrem Moped und helfen uns auf. Kein Wunder, dass hier alle höchstens auf 150 kg und 200 ccm³ unterwegs sind. Mit einer großen Reisenduro sind diese Straßen bei über dreißig Grad das reinste Fatburn-Workout. Anschieben müssen sie dann aber auch noch. Stehenbleiben auf Sand ist einfach nicht gut. Ist wie Skifahren im Tiefschnee, wenn es nicht runter geht…

Reserva Natural Complejo Volcánico Telica Rota

Nach einer Stunde erreichen wir schwitzend Cristo Rey. Seit einer ganzen Weile begegnen uns nur noch Menschen entweder zu Fuß oder zu Pferd. Es leuchtet uns absolut ein, dass kein Fahrzeug der Welt an die Agilität der zahmen Vierbeiner herankommt, die trittsicher Wasserkanister, Maissäcke und alles mögliche andere durch die Wildnis tragen.

Hier in Cristo Rey geht es rechts ab in den Vulkan Park. Es gibt sogar ein offizielles Schild vom Tourismusverein. Wahrscheinlich, damit die verrückten Reisenden wenigstens nur auf dieser Strecke stecken bleiben und nicht die anderen Pfade mit liegengebliebenen Fahrzeugen verstopfen. Ab hier geht es richtig ans Eingemachte. War die Fahrt bis hierher einfach nur anstrengend, geht es ab jetzt auch richtig technisch zur Sache. Die neuen Etappengegner heißen Steigung (wir wollen ja auf den Vulkan RAUF) und Lavabrocken. Ich muss jetzt im Stehen fahren, anders komme ich nicht durch den Parkour gezirkelt. Definitiv eine Strecke für ausgewachsene Geländefahrzeuge – oder Pferde. Ein Glück durften wir vor ein paar Monaten mit dem Motocross-Champion Nicolás España in Mexiko auf seiner Hausstrecke trainieren. Die gelernten Skills sind hier Gold wert.

Der Anstieg zieht sich schier endlos. Auch wenn die ganze Offroad-Etappe nur knapp zwanzig Kilometer bis zum Basiscamp ist, sind wir schon zwei Stunden unterwegs. Immer wieder setzen wir knirschend mit dem Unterfahrschutz auf. Wenn Suzuki doch endlich mal den Auspuff verlegen würde. Aber auch in der vierten V-Strom-Generation verläuft das Geröhre unter dem Motor lang und kostet mindestens fünf Zentimeter Geländetauglichkeit.

Langsam aber sicher verlassen mich Konzentration und Kraft. In einem schwierigen Hang stürzen wir erneut, weil mir die Traktion am Hinterrad auf losem Geröll verloren geht. Unser Schwung reicht nicht, um über den rutschigen Bereich hinwegzukommen und gehalten kriege ich die V-Strom auf dem unebenen Untergrund auch nicht mehr. Wieder nichts passiert, aber es ist so steil hier, dass wir das Motorrad zu zweit ohne Weiteres nicht mehr gegen den Hang aufrichten können. Fluchend müssen wir das Gepäck abladen, dann geht es. Felicitas gibt Anschiebehilfe und ich fahre den restlichen Hang mit keilendem Heck alleine nach oben. Jetzt ist definitiv Zeit für eine Pause – es gibt Wasser und Kuchen von einem französischen Bäcker aus Léon.

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In einer steilen Passage stürzen wir erneut als das Hinterrad auf losem Untergrund wegrutscht.

Etappe zum Parkplatz

Wieder bei Kräften satteln wir auf und gehen das letzte Stück bis zum „Parkplatz“ an. Man kann sich kaum vorstellen, dass am Ende dieser „Straße“ ein „Parkplatz“ sein soll, doch so ist es. Der örtliche Tourismusverein steht offenbar im engen internationalen Austausch und hat aus sicherer Quelle in Erfahrung gebracht, dass ein Tourist der nördlichen Hemisphäre einen Parkplatz vor einer Sehenswürdigkeit erwartet. Zehn mal zehn Meter sind von Lavabrocken freigeräumt, es gibt ein Plumpsklo und einen einheimischen Ranger, der im Schatten eines Wellblechunterstands sitzt. Sein Pferd knabbert in der Mittagsglut an der spärlichen Vegetation. Wir stellen das Motorrad ab und reißen uns die durchgeschwitzte Schutzkleidung vom Laib.

Und dann stehen wir vor ihm: Vulkan Telica! Seine gedrungene Erscheinung sieht von hier aus wie ein intergalaktischer Maulwurfshügel. An seiner Aktivität besteht offensichtlich kein Zweifel. Aus dem Sand quellen schweflige Dämpfe wie aus einem Druckkessel. Der Geruch lässt allerdings an den Absichten des Kochs zweifeln. Wenn dieses Gericht mal serviert wird, wird heiß gegessen. Wir setzen uns in den Schatten eines Baumes und begutachten aus sicherer Entfernung das Naturschauspiel. Viel Zeit zum Staunen haben wir allerdings nicht, denn gleich rollen schon die Touri-Jeeps an. Wir müssen noch ein Stückchen weiter zum Grundstück eines Vulkanforschers, wo wir unser Nachtlager aufschlagen werden.

Letzte Auffahrt

Ab jetzt fahre ich alleine, Felicitas läuft das letzte Stück. Technisch sauber fahre ich nicht mehr, dafür ist meine Konzentration zu erschöpft. Mit Körperkraft wuchte ich die V-Strom durch die Kurven und die Hänge hinauf. Wieder stürze ich in einem steilen und gerölligen Abschnitt. In mir existiert nur noch ein einziger Gedanke – irgendwie ankommen, ich schaffe das. Ich bin der erste V-Strom-Fahrer, der den Telica bezwingt (unrecherchierte Behauptung, freue mich auf Zuschriften). In mir werden ungeahnte Kräfte frei. Alleine stemme ich mein vollbepacktes Motorrad wieder in die Senkrechte – und fluche. Beim Sturz ist meine Maschine ein Stück den Hang hinabgerutscht. Dabei ist meine rechte Fußraste abgebrochen. Scheiße! Egal, muss ich halt sitzend und einbeinig bis zum Basislager kommen. Fußbremse geht noch. So fräse ich mich mit heulendem Motor, glühender Kupplung, rutschendem Vorderreifen und durchdrehendem Hinterrad den letzten Kilometer zum Ziel – geschafft!

Felicitas kommt fast zeitgleich mit mir an. Der Vulkanforscher empfängt uns zwischen seinen Hühnern und Hunden und zeigt uns, wo wir übernachten können. Alles sicher heute, die gemessenen Temperaturen liegen absolut im Normbereich. Jetzt heißt es erstmal: Raus aus der Mopedmontur, rein in die Wanderschuhe und auf zum Gipfel! In einer Stunde geht die Sonne unter.

Sonnenuntergang auf dem Vulcan Telica

Zum Glück ist der Trail im Vergleich zur zwölfstündigen Besteigung von San Cristóbal ein Spaziergang. Und dann stehen wir auf dem Kraterrand und spähen in die Tiefe. Ein steifer Wind pfeift uns um die Ohren, die Gase brennen in den Lungen. Lava gibt es heute wohl nicht zu sehen, dafür sind die Schwaden zu dicht. Aber schon ein irres Gefühl, so unmittelbar auf einem aktiven Vulkan zu stehen. Der Sand ist ganz warm und in der Tiefe gibt es absonderliche Geräusche. Hustend treten wir zurück und wandern noch ein Stück um den Schlund herum, um den Sonnenuntergang und San Cristóbal zu bestaunen. Die Backpacker-Flotte ist auch eingelaufen und hat sich mit Selfi-Sticks bewaffnet am Westhang aufgereiht. Der Wind ist so stark, dass man kaum stehen kann und peitscht Vulkansand in unsere Augen. Eine Bö erfasst meine Kamera und sie stürzt samt Tripod auf die Felsen. Glück im Unglück hatte ich einen Filter auf dem Objektiv – der ist allerdings komplett hinüber. Aber wenigstens ist der Kamera nix passiert.

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Von Telica aus hat man eine epische Aussicht im Sonnenuntergang auf San Cristóbal.

Erschöpft treten wir den Rückweg zum Basecamp an. Uns steht eine kurze Nacht bevor, morgen früh wollen wir um vier noch einmal zum Kraterrand klettern, in der Hoffnung, in der mondlosen Finsternis der Nacht einen Blick auf die rote Glut erhaschen zu können. Um die abgebrochene Fußraste zu reparieren bin ich heute zu müde. Aber ich bin zuversichtlich, dass mir nach einer Mütze Schlaf schon etwas einfallen wird. Ich arbeite schließlich in der Vorentwicklung, da gibt es immer eine Lösung. Felicitas kocht ein deliziöses Abendessen auf unserem Campingkocher. Dann fallen wir in unsere Schlafsäcke.

Telica im Sternenlicht

Um 3:45 Uhr klingelt der Wecker. Was für eine Uhrzeit. Kommt uns nach dem Start um 2:45 Uhr zum San Cristóbal vor ein paar Tagen aber richtig erholsam vor. Eine sternenklare Nacht erwartet uns. Der Wind hat sich etwas gelegt und wir stapfen zum zweiten Mal den Pfad zum Kraterrand empor. Gestern haben wir uns alles genau eingeprägt, damit wir uns in der Finsternis nicht verlaufen. Telica schmaucht unverändert vor sich hin – und wieder können wir in der Tiefe nichts erkennen. Ich stelle die Kamera auf den Tripod und mache eine Langzeitbelichtung. Wenn dort unten irgendetwas glüht, wird die Kamera es aufnehmen. Und siehe da: Nur weil man etwas mit bloßem Auge nicht sieht heißt es nicht, dass es nicht existiert! Dieses Foto war die Strapazen wert und wird uns immer an ein hartes Abenteuer erinnern.

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Telicas Lava im Sternenlicht

Der Sonnenaufgang ist dagegen schon eher Kür. Ungeduldig scharre ich mit den Füßen. Ich habe ausgeknobelt, wie ich meine Fußraste reparieren kann. Zum Glück haben wir bei der Gepäckauswahl nicht auf Werkzeug und Bastelkram verzichtet. Eine Stunde später ist mit Gefeile, Geschraube und dank der Kraft von Knetmetall – extra stark (lieber unbekannter Erfinder, ich preise dich) die Fußauflage wieder hergestellt.

Die Abfahrt hat sie tatsächlich auch gehalten. Mal sehen, wie viele Länder sie noch übersteht…

Andreas

GPS Track – How to drive Volcano Telica on a Motorcycle

[googlemaps https://www.google.com/maps/d/u/0/embed?mid=11OaOI8w-WEybSvS0Qea2CpuKYfRTnlsD&w=640&h=480]


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Tikal Sunrise Tour – auf zu Tempel IV!

Nachdem Felicitas wieder einigermaßen hergestellt ist, wollen wir Mexiko nach rund zwei Monaten Reisezeit an der Grenze El Ceibo nach Guatemala verlassen. Auf den letzten Meter verfahren wir uns allerdings prächtig. Eine in Google und Open Street Map angepriesene Straße ist leider mit einem massiven Zaun zugenagelt worden. Also heißt es nochmal umkehren und einen anderen Weg finden.

Eine halbe Stunde vor Ladenschluss erreichen wir El Ceibo und hasten durch die Grenzbüros. Hier bekommen wir einen ersten Eindruck der berüchtigten zentralamerikanischen Grenzbürokratie. In einem Büro das eine, im anderen das andere, dann irgendwo Dollar in örtliche Währung tauschen, im dritten was bezahlen, Fotokopien von Papieren und Einfuhrstempeln machen und wieder im zweiten abgeben. Da in El Ceibo aber tote Hose ist, sind wir heute wohl die Letzten, die noch abgefertigt werden. Entsprechend motiviert sind alle Grenzbeamten und wir dürfen tatsächlich um fünf vor sechs nach der obligatorischen Moped-Desinfizierung einreisen. Hinter uns wird dann ein schweres Eisentor geschlossen.

Geschafft! Wir sind in Guatemala! Hundert Meter weiter beziehen wir für zehn Dollar ein Hotel und werfen uns für die Nacht unter den surrenden Ventilator.

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Anderntags reisen wir unspektakulär über eine gut ausgebaute Straße nach El Remate. Ab hier wollen wir morgen früh an einer Sonnenaufgangs-Tour zur Maya Tempelanlage Tikal teilnehmen. Voller Vorfreude mache ich dann aber die ganze Nacht kein Auge zu und als ich dann doch endlich einschlafe, klingelt auch schon der Wecker.

Busfahrt nach Tikal

Mies gelaunt werfen wir uns in Schale, Wanderschuhe, Trekkinghose und Fliesjacke. Fotoausrüstung und Frühstück in den Rucksack und dann raus auf die Straße, wo uns eines der typischen Minibüsschen einsammelt. Der Fahrer trägt uns auf seiner Liste ein und dann braust er auch schon los. Mit rekordverdächtiger Geschwindigkeit rasen wir durch den Urwald. Das quietschende Vehikel hat vielleicht 60 PS. Im Klartext heißt das: wer bergab, vor einer Kurve oder einem Schlagloch bremst, hat verloren. Von Scheinwerfern kann eigentlich auch keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich um funzlige Fluoreszenzerscheinungen, die aber wohl eher durch Photonenverdichtung vor der Frontscheibe entstehen.

In Guatemala ist der Beruf des Busfahrers bestimmt der höchst angesehenste. Betend sitzen wir mit anderen Backpackern wie die Sardinen zwischen den Bänken und starren nach vorn dem nahenden Tod entgegen. Haben wir gedacht. Mühelos lässt unser einheimischer Pilot das Geschoss mit durchgetretenem Gaspedal durch die Finsternis gleiten. Er kennt offensichtlich jeden Nanometer der Strecke in und auswendig.

Wanderung zu Tempel IV

Schon bald erreichen wir den Startpunkt unserer Wanderung durch die Maya Ruinen, wo uns der englischsprachige Führer in Empfang nimmt. Wir stapfen schweigend durch die Nacht, bedacht, nicht über eine der zahlreichen Wurzeln zu stolpern.

Im Urwald regen sich schon die ersten Tiere. Irgendwo hört man Brüllaffen durch den Dschungel schreien. Ein beeindruckender Lärm. Ohne unseren Führer würden wir uns sicherlich nicht so wohl fühlen, so tief in der Wildnis.

Sonnenaufgang

Dann erreichen wir Tempel IV und steigen die lange Holztreppe empor, die für die Touristen angelegt wurde. Sehen kann man immer noch nichts. Oben angekommen, setzen wir uns auf die Stufen des beeindruckend hohen Bauwerks und warten auf den Sonnenaufgang.

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Oben auf Tempel IV sitzend erwarten wir die Sonnenaufgang über Tikal

Eine ganze Weile passiert nichts, dann ist ein erstes Dämmern zu sehen. Jetzt erwachen auch die anderen Bewohner des Waldes. Unterschiedlichster Krach von nicht zu identifizierenden Tierarten ist zu vernehmen. Nur der epische Sonnenaufgang, den ich mir als Trophäe meiner Reisefotos gewünscht hatte, der bleibt leider aus.

In der Nacht hatte es wohl geregnet, der Himmel ist komplett wolkenverhangen und die Landschaft ist in Nebel gehüllt. Statt strahlender Farben nur grau in grau. Ich bin enttäuscht. Die ganze Nacht habe ich mir um die Ohren gehauen für ein graues Foto? Felicitas ist da deutlich begeisterter. All die verschiedenen Tiergeräusche haben es ihr angetan und sie sitzt strahlend mit Voicerecorder neben mir. Hab halt doch das falsche Hobby gewählt…

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Besichtigung der Tempelanlage

Um halb sieben ist der Zauber auch schon wieder vorbei und der Tag ist angebrochen. Unser Guide stapft mit uns zwischen den Pyramiden herum und erklärt uns mehr über die imposante Stadt. Wie sie einst als Metropole ausgesehen hat und wie man sie auf der Suche nach Gummibäumen wiederentdeckt hat. Kaum vorstellbar, dass hier vor über tausend Jahren 200.000 Menschen gelebt haben könnten und dieser Ort einer der einflussreichsten Herrschaftssitze Zentral-Amerikas war. Aber irgendwer muss die Abermilliarden Steine zu so beeindruckenden Bauwerken aufgetürmt haben.

Nach Ende der Tour wandern wir noch auf eigene Faust durch die Ruinen und entdecken weitere kleinere Bauwerke im Gestrüpp. Das Wetter hat aufgeklart und eine subtile Urwaldhitze macht sich breit. Abschließend wollen wir aber noch einmal auf Tempel IV klettern um einen letzten Blick gen Osten über die Stadt zu werfen, bevor wie eins der Kamikaze-Büsschen zurück zum Hostel nehmen.

Als wir oben ankommen haben wir eine fantastische Aussicht und endlich kann ich mein Foto machen. Zwar leider nicht im Sonnenaufgang, aber die dramatischen Wolken unterstreichen die Atmosphäre der grauen Steinpyramiden.

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Blick von Tempel IV nach Osten auf Tempel I & II in Tikal

Andreas


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Alles ist gut

Zu jeder guten Motorradweltreise gehört es, einmal irgendwo derartig im Schlamassel zu stecken, dass es aus eigener Kraft nicht möglich ist weiterzufahren und nur mit fremder Hilfe ein Vorwärtskommen sichergestellt ist. Das weiß jeder, der eine solche Himmelfahrt einmal angetreten ist aus eigener Erfahrung. Und natürlich machen wir zwei da auch keine Ausnahme – warum auch, wir wollen ja das ganz große Abenteuer erleben.

Seelisch und moralisch haben wir uns also schon vorab vorbereitet und darauf gesetzt, dass im Fall des Falles alles gut wird. Genau so wie in all den schönen Geschichten anderer Reisenden, oder so, wie wir es schon erlebt haben. Doch als es dann so weit ist, ist es kurzzeitig echt ganz schön mies und wir müssen uns schleunigst an unsere guten Vorsätze erinnern. Ja ja, Vertrauen ist schon so eine Sache, ne?!

Daheim haben wir einen guten Freund, Thomas, und der sagt uns immer, ja wirklich immer, dass alles gut ist. Egal, wie herausfordernd eine Situation auch gerade für uns sein mag. Er ist immer super gelassen und extrem entspannt, sich seiner Aussage gewiss. Alles ist gut. Wir zwei wollen das meistens nicht hören und Haare in der Suppe finden. Doch Thomas lässt sich von sowas natürlich nicht aus der Ruhe bringen. Er bleibt dabei: Habt Vertrauen, alles ist gut.

Einfach von der Straße geweht

Unser Weg führt uns nach San Cristobal, einem wirklich wundervollen Ort, zu Liliana, unserer nächsten Gastgeberin (sie ist übrigens die Schwester von Rennprofi Nicolas, den wir unterwegs kennen gelernt haben). Also ein sehr erstrebenswertes Ziel, da sie uns fürderhin als begnadete Köchin angepriesen wurde.

Bei Reisestart am Morgen ist alles normal. Es weht ein zugiges Lüftchen, das nervt jetzt nur ein bisschen. Also tun wir das, was getan werden muss: Gegen das Gebläse lehnen, aufs Moped ducken und weiterfahren. Doch irgendwie will es nicht dabei bleiben. Der Wind pustet immer heftiger. Ich rufe sicherheitshalber die ersten Schutzheiligen an. Das hilft vorerst für die nächste Distanz. Doch dann kommt eine orkanartige Sturmböe – und weht mich einfach um. Glücklicherweise fuhr ich nur langsam. Und dennoch. Irgendwie gibt es Schöneres im Leben als von der Straße geweht zu werden. Auf der Haben-Seite: Es regnet wenigstens nicht.

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Der Sturm versucht sogar die Palmen auf den Boden zu drücken.

Jetzt fluche ich erstmal fürchterlich, denn die Fußraste hat sich unangenehm in meine Wade gebohrt, und schicke gleichzeitig Stoßgebete gen Himmel. Hoffentlich gelangen die durch die Turbulenzen doch ans rechte Ziel. Hilfe naht auch schon prompt in Form von Andreas. Nur mit vereinten Kräften schaffen wir es, das Moped gegen den Wind, den Orkan, das Tosen, die unsichtbare Naturgewalt wieder aufzurichten. Jetzt legt sich das Treiben so richtig ins Zeug und ich kann das Moped noch nicht mal alleine gegen den Sturm halten. Andreas hat sein Moped vorausschauend in Windrichtung abgestellt. Also drehen wir mein Moped ebenfalls schleunigst, damit wir nicht noch alle drei die Böschung runtersegeln.

Wie gehts weiter? – Nerven liegen blank im Nirgendwo

Und dann tun wir das, was Paare in dieser Situation meistens sehr gerne tun: Wir brüllen uns ordentlich an. Zum Teil auch, weil wir uns anders einfach nicht hören würden. Aber auch, um Wut, Frust und Angst loszuwerden und irgendwie einen Konsens zu finden. Ganz im Sinne, wer lauter brüllt, hat mehr recht. Vor uns eine Straße ungewisser Länge durch einen wütenden Tornado. Hinter uns eine Tankstelle. Sonst nichts. Ach ja, und konträre Ansichten, wie wir weiterverfahren wollen, haben wir auch. Also eine optimale Ausgangslage für Produktivität und die Anwendung paarlich erprobter Problemlösestrategien.

Letztendlich entscheiden wir uns, die Option Tankstelle zu wählen und dort weiter zu überlegen. Glücklicherweise fährt Andreas mein Moped bis dahin zurück. Ist mir ein Rätsel, wie er auf der Straße bleibt, ich komme kaum zu Fuß ans Ziel. Im Windschatten der Tankstelle angekommen, heißt es erstmal die schlotternden Knie zu beruhigen und darauf zu vertrauen, dass sich hier das erhoffte Wunder einstellt.

Wo bleibt die Rettung?

Wir werden prompt begrüßt und zwar von einem Typen mit Maschinengewehr. Besteht die Rettung jetzt in einer vorzeitigen Erlösung irdischen Leids durch ihn? Teilweise. Er gibt erst mal darüber Auskunft, dass die Straße berüchtigt für die stürmischen Turbulenzen sei und das auch insbesondere für die nächsten hundert Kilometer. Käse. Und dann haben wir dieselbe Idee, dass es sehr, ja wirklich sehr großartig wäre, wenn uns einfach ein LKW, Transporter oder Camionetta – wie es hier heißt – mitnähme. Schließlich gehen die Geschichten anderer Reisenden auch immer so: Aus dem Nichts materialisiert sich einfach die Hilfe.

Bei uns ist das noch nicht ganz der Fall. Also erst mal tanken, wenn wir schon mal da sind. Der Tankwart gibt Streckentipps und Alternativrouten zum Besten. Ist das jetzt die Lösung? Einfach woanders langfahren? Dableiben geht jedenfalls nicht. So richtig behaglich erscheint mir das Ganze aber auch nicht. Immerhin müssen wir dann wieder raus aus dem Windschatten und wer da auf uns wartet, wissen wir ja schon. Und nun?

Dann, plötzlich, ein roter Kleintransporter taucht auf. Magisch zieht er unsere Blicke auf sich. Wir sind uns einig, der muss es sein! Unser Ausweg! Sicherheitshalber fragen wir unseren Maschinengewehrmann, der sich übrigens als Polizist ausgibt, ob er für uns eine Mitfahrt anfragt, da unser Spanisch in der Not nicht unbedingt besser wird. Klar, will er tun. Also, er stiefelt zum Fahrer. Nach einem kurzen Plausch mit einer 1,50 m langen Waffe in der Hand seines Gegenüber findet der Fahrer offenbar auch Gefallen an einer Rettungsaktion. Zufällig muss er nämlich in genau dieselbe Richtung wie wir und zufällig ist seine Ladefläche leer.

Mit vereinten Kräften Mopeds aufladen

Tja, und dann wird es interessant. Wir müssen jetzt nämlich irgendwie die Vehikel aufladen. Und das knapp einen Meter hoch. Anlauf nehmen und springen geht nicht. Ne Rampe gibt es auch nicht. Mittlerweile ist das gesamte Tankstellenpersonal mit unserer Weiterfahrt beschäftigt. Während der Camionetta rückwärts an eine kleine Erhöhung gefahren wird, schafft nämlich einer der Männer ein fettes Brett heran. Fertig ist die Auffahrt. Man muss nur noch hochbrettern. Klingt in der Theorie einfach, ist es in der Praxis auch. Jedenfalls sagt das Andreas immer so. Also getreu seines Mottos fällt ihm der Part zu, die 200-Kilo-Maschinen herumzumanövrieren und den schmalen Steg raufzufahren.

Die Herren der Tankstelle packen mit an und mit vereinten Kräften stehen nach einer halben Stunde zwei Mopeds und vier Koffer festgezurrt auf dem roten Transporter. Weiter geht die Reise.

Die Hilfe kommt von Herzen

Zu zweit quetschen wir uns dann auf den Beifahrersitz und sind erstaunt, wie mühelos der Transporter dem Sturm standhält. Neben uns fliegen fast die Palmen aus der Bodenverankerung. Auf den Mopeds hätten wir keine Chance gehabt. Was für ein Glück, dass wir im Auto sitzen!

Unser Fahrer Hilarion ist ein wahrer Glückstreffer. Er kennt die Strecke und den dazugehörigen Wind, da er hier täglich Mangos transportiert. Außerdem ist er Besitzer einer grandiosen Autoinneneinrichtung und eines USB-betriebenen Radios. Bei mexikanischer Volksmusik erholen wir uns also für die nächsten zwei Stunden. Passenderweise ist Hilarions Zielort der Zugang zu der von uns benötigten Autobahn.

Als wir uns überlegen, wie wir uns erkenntlich zeigen können und ob sich unser Helfer eine Prämie erhofft hat und wenn ja wie hoch, sagt Hilarion, dass seine Unterstützung von Herzen – de corazon – kam. Er freut sich einfach, dass es uns gut geht. Das angebotene Geld lehnt er ab.

Kleiner Stunt zum Mopedabladen

Nun kommt irgendwie doch das Thema auf, wie wir die Mopeds wieder abladen. Und auch hier fügt sich wieder alles famos. Wir steuern auf eine Bauruine zu, die Wunder o Wunder, genau auf der Abladehöhe des Transporters liegt. Hilarion verabschiedet sich mit Handschlag und wir sind wieder auf uns gestellt.

An dieser Stelle möchte ich sagen, dass es neben all den wirklich schönen Gründen mit Andreas zusammenzufahren ein wahres Glück ist, dass der Mann schon von Kindesbeinen an auf Zweirädern unterwegs ist und auf Geländefahrten steht. Er baut sich, ganz der Ingenieur, aus herumliegendem Schutt eine Steintreppe, die von der Empore herabführt. Weil er seine Abfahrt von oben nicht sehen kann, markiert er diese mit zwei „Torsteinchen“, sodass er auch an der richtigen Stelle über die Mauer fährt. Dann bringt sich Andreas locker in Position, visiert sein Ziel an – und fährt da mal eben eine wackelige Zielgelkonstruktion runter. Ziemlich cool. Das ist sogar so cool, dass er gleich beide Mopeds auf sicheres Gelände bringt.

Letzte Hürden

Nachdem wir wieder auf der Straße sind, stellen wir fest, dass in einer Stunde die Sonne untergeht. Und es sind noch mindestens drei zu fahren. Also rangehalten. Wir brettern, was das Zeug hält. Die Landschaft nehmen wir kaum wahr, teilweise, weil wir uns so beeilen, es immer dunkler wird und teilweise, weil unser alter bekannter Freund Supersturm wieder am Start ist. Diesmal mit dicken Regenwolken.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir aber doch endlich im Stockdunkeln und durchgefroren bei Liliana an. Obwohl wir uns zum ersten Mal sehen, nimmt sie uns herzlich in Empfang wie alte Bekannte und lecker Essen gibt es auch. Wir sind fix und fertig und gleichzeitig sehr dankbar für all die Hilfe und auch dafür, noch am Leben zu sein.

Ende gut, alles gut

Heute haben wir wahrlich eine eindrucksvolle Lektion in Sachen Alles ist gut und Hab Vertrauen gelernt. Sich gewiss zu sein, dass die richtige Hilfe genau dann erscheint, wenn wir sie brauchen, dass wildfremde Menschen mitanpacken und einfach da sind. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu haben, Hürden zu meistern, es zu schaffen.

Als Resumé unseres Abenteuer-Tages denken wir also an Thomas und seine Worte. Auch wenn wir zwischendurch ehrlich gesagt unsere Zweifel haben, die Grundgewissheit bleibt trotzdem immer irgendwo im Hinterkopf: Irgendwie wird es eine Lösung geben. So gesehen, war sogar das Vom-Moped-geweht-Werden im Nirgendwo gut. Denn sonst hätten wir nicht an eben dieser Tankstelle haltgemacht und unseren Rettungsfahrer Hilarion getroffen.

Also Thomas, wir sehen es ja ein: Alles ist gut!

Felicitas

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Off-road-Training beim Motocross Champion Nicolás España

Wer mit seinem Motorrad unterwegs ist, ist gut beraten mit seiner Maschine ein Fahrtraining zu absolvieren, verschiedene Fahruntergründe kennen zu lernen und sich überhaupt auf alles einzustellen, was einem so  unterwegs begegnen kann. Verlängert ganz pragmatisch betrachtet die Lebensdauer.

Fahrsicherheit hatten wir darum schon mit unseren Vorgängermopeds daheim erprobt, Andreas war auch schon außerhalb asphaltierter Wege eine Menge unterwegs, doch der krönende Höhepunkt unser Fahrerentwicklung war dann das Off-road-Training beim Motocross Champion Nicolás España in Rosarito, Mexiko.

Eine Woche daheim beim Meister

In Rosarito sind wir eine Woche zu Gast bei Nicolás España, dem mexikansichen Motocross-Rennfahrer. Seit 20 Jahren ist er schon im Business und bietet außerdem noch Fahrtrainings in allen Gewichtsklassen an. Zu Beginn war uns ehrlich gesagt noch nicht klar, dass unser neuer Host ein Rennstar ist.

Ein paar Wochen zuvor sagt Jorgé, Mechaniker bei Corona Motorsports beim Reifenwechseln in Corona, nämlich nur ganz banal, dass er bei seinem Freund Nicolás in Rosarito mal anfragt, ob wir ihn für ein paar Tage besuchen können. Wir freuen uns über die Anlaufstelle in Mexiko und dass uns ein Einheimischer mit dem Land vertraut macht, das wir jetzt bereisen wollen. Diese Erfahrung haben wir bereits in den USA gemacht.

Dann staunen wir nicht schlecht, wo wir eingelandet sind. Es winkt uns eine abwechslungsreiche Zeit, denn Nicolás und dessen Sohn Nicolás Junior üben mit uns die ersten spanischen Wörter und stimmen uns kulinarisch auf Mexiko ein. Ein wahres Highlight, denn Nicolás Junior möchte Koch werden. Nicolás Senior zeigt uns nebenbei noch schöne Ecken in der Umgebung, gibt uns Reiseempfehlungen für Baja.

Tja, und dann kommen wir ans Eingemachte:

Off-road Training mit den V-Stroms beim Motocross Champion höchst selbst

Nicolás steht direkt in der Nachbarschaft ein Motocross-Parcours zur Verfügung. Also ab auf den Acker und losgefahren. Was bei Nicolas verblüffend einfach aussieht, will einstudiert werden, damit es im Gefühl ist, wie er sagt, und man nicht beim Fahren nachzudenken braucht.

Zu Beginn erklärt uns Nicolás die Grundlagen des off-road-Fahrens. Erste Lektion also im Stehen auf festem Dreck fahren:

  • Fußballen auf die Rasten
  • Knie an das Motorrad, um mit der Maschine verwurzelt zu sein (Catch your bike!)
  • Gewicht auf den Vorderreifen
  • Arme sind enstpannt und nicht durchgedrückt (gilt immer)
  • Hände greifen von oben locker an die Griffe
  • vor dem Beschleunigen leicht nach vorne beugen, um Geruckel am Gasgriff zu vermeiden
  • Gelenkt wird über Gewichtsverlagerung
  • Blick auf das Ziel gerichtet – keinesfalls vor den Vorderreifen!

Wenn man diese Hinweise beherzigt, funktioniert off-road Fahren schon ganz gut. Also geht es ab zur nächsten Lektion, die da heißt im Stehen Achten fahren und den Radius immer weiter verkleinern bis der Lenker irgendwann voll eingeschlagen ist. Nun werden Blickführung und voller Körpereinsatz noch essentieller, da sich der Körper in die Richtung zu drehen hat, in die man zu fahren gedenkt.

Als auch das hinreichend funktioniert, steht Lektion Nummer drei bevor: Weiche Erdpiste mit Kurven und Hügeln meistern. Nicolás macht es vor – sieht bei ihm natürlich mega einfach aus – Andreas ist mehr damit beschäftigt, das Bild von sich aufrechtzuerhalten, wie er das Hindernis gut bewältigt. Dieses Bild vor Augen zu haben, ist übrigens extrem wichtig, sagt der Profi. Man muss von sich und dem Gelingen überzeugt sein, sonst klappt es nicht. Also auf gar keinen Fall Szenen vom Umfallen, Stürzen und dergleichen visualisieren!

Allein auf der Piste im Nirgendwo

Dass es sich bei unseren Übungen um das Training für einen Ernstfall 1:1 handelt, ahnen wir nicht, doch wir werden ein paar Wochen später bei unserer Reise durch Baja direkt eines Besseren belehrt. Wir sind Nicolás direkt noch dankbarer als zuvor. Wenn ich vom Ernstfall rede, spreche ich jetzt nicht von Gravelroad, sondern von einem Sandberg im Nirgendwo, den es mit voller Montur und Gepäck zu überfahren gilt.

Auf der Suche nach einem schicken Platz zum Zelten, fahren wir also von der ausnahmsweise guten Straße über einen zwanzig Zentimeter hohen Bordstein eine fette Sandrampe ab und steuern auf eine vielverpsrechende Hügellandschaft zu. Da es sich um ausnahmslos super sandigen Untergrund handelt, wird die Fahrt zur Prüfung. Nichteinsehbare Plätze für eine erholsame Nachtruhe gibt es auch nicht. Also bleibt uns nur noch der geordnete Rückzug übrig.

Pech nur, dass die Mopeds zu schwer sind, um geschmeidig die Sandrampe wieder hochzuballern und beschwingt über den Bordstein zurück auf die Straße zu schweben. Der Hinterreifen gräbt sich ein, das Gefährt bleibt erst mal gepflegt stecken und liegt mit dem Unterfahrschutz auf. Um die Dramatik der Situation noch zu erhöhen: Es wird in einer Stunde schon dunkel!

Und nu? Wir finden Betonklötze, die zufälligerweise am Straßenrand herumliegen, und bauen einen schmalen Steg, den es bei der Anfahrt über den Berg auf dem letzten Meter vor dem Bordstein zu treffen gilt. Sobald das Vorderrad es mittels Betonbaustein über das Hindernis geschafft hat, wird der Klotz umdisponiert und vor der Hinterrad gerückt und das Moped mit Anschieben und Gasgeben auf die Straße zurückverfrachtet. Echt schweißtreibend! Mit der zweiten Maschine dann das gleiche Spiel.

Glücklicherweise treffen wir kurz darauf auf einen geschützten, ziemlich geheimen Zeltplatz direkt am Meer. Uff.

Training und Reisefreude mit Nicolás España

Danke, werter Nicolás, für deine Fahrstunden und Gastfreundschaft. Es war der perfekte Start in unsere nächste Reiseetappe! Wir sind froh, dass wir bei dir so viel dazulernen konnten.

Wer jetzt oder schon immer auf den Geschmack eines off-road Trainings  gekommen ist und gerne Nicolás persönlich kennen lernen will, braucht sich nur vertrauensvoll an ihn zu wenden. Er bietet Kurse und Coachings in Mexiko und Californien an, ob off-road oder auf Asphalt, es geht um Fahrskills und -sicherheit.

Sein Angebot gilt übrigens auch als Reiseführer mit dem Motorrad durch Mexiko. Und das Gute ist, Nicolas spricht nebst natürlich Spanisch auch Englisch. Doch seht selbst.

Viele Grüße von Felicitas


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Mexikos Polizei ist ja so korrupt

Das ist jedenfalls die mehrheitlich beschlossene, um nicht zu sagen, einhellige Meinung vieler Amerikaner. Die Polizei hält einen auf jeden Fall an und findet Gründe, einem Strafzettel aufzubrummen. Die wird man nur los, indem man den Officer dezent besticht. Mindestens 400 Mexikanische Dollar sind dafür erforderlich (20 Euro), wird uns anvertraut. Das war jedenfalls einer der aufgeführten Gründe, warum wir nicht nach Mexiko reisen sollten.

Die Bösen sind immer die anderen

Wenn die Amerikaner wüssten, dass in Deutschland alle vorm Campen in den USA warnten wegen der Bären und Kojoten und wir deswegen eigentlich auch schon nicht nach Nordamerika fahren sollten, müssten sie vermutlich lachen und sich insgesamt wundern.

Es sind wirklich zwei Welten, die an der Grenze zu Mexiko aufeinanderprallen. Wir haben das Gefühl, in den USA ist irgendwie alles okay, klar finden sich Osten, Westen Norden und Süden nicht wirklich sympathisch, die eine Bevölkerungsgruppe ist irgendwie doof, die andere Partei besser. Doch einig sind sich alle: Die in Mexiko sind von der ganz üblen Sorte, jedenfalls meistens. Sagen zumeist diejenigen, die nie da waren.

Zusammentreffen mit der Polizei

Tja, und kaum sind wir drei Tage in Mexiko unterwegs, kommt es tatsächlich so wie es kommen musste. Wir stehen am Straßenrand hinter San Felipe und lassen wegen der üblen Straßenverhältnisse Luftdruck ab. Die Reifen sollen schließlich nicht in einem der Paris-Dakar-Ralley tauglichen Schlaglöcher explodieren. Und dann geschieht es: Ein extrem großes (und sehr cooles – sorry, Deutschland) Polizeiauto zieht hinter uns mit Blaulicht auf den Seitenstreifen. In einer kinotauglichen Staubwolke steigen drei bewaffnete Beamte mit obligatorischer Schirmmütze und Sonnenbrille aus.

Noch sehen die freundlich aus, aber für wie lange? Was haben wir falsch gemacht? Wofür wollen sie jetzt Gründe finden, um Geld zu bekommen? Wieviel Bestechungsgeld brauchen die noch mal?

Alle Horrorszenarien rattern durch den Kopf. Ich weiß ja nur, was man mir über die mexikanische Polizei berichtet hat.

Jetzt will einer der Beamten, der nebenbei gesagt richtig gut englisch spricht, ein Foto von uns machen. Au Backe, denke ich. Dann landen wir mit Gesicht und Nummernschild in einer Verbrecherkartei. Alle Polizisten werden nach uns Ausschau halten um uns auszunehmen.

Und dann kam es doch ganz anders

Und dann merke ich, dass ich vor lauter Kopfkino einen Teil seiner Erläuterung gar nicht mitbekommen habe: Die mexikanische Polizei hat derzeit eine Kampagne „Polizei hilft Touristen“ oder so ähnlich am Laufen. Sie wollen ein Foto machen, wie ihr Chef mir beim Helmaufsetzen behilflich ist. Die Polizei, dein Freund und Helfer. Also heißt es losposiert und langsam entspannen wir uns.

Nun wollen wir aber auch unser eigenes Foto haben. Ehrensache, dass die Polizeikutsche extra für uns umgesetzt und in die perfekte Position gefahren wird. Der Chef steigt auch noch mal aus. Alle Mann ab vor dir Vehikel und Zahnpastalächeln gezeigt.

Die Streife will auf jeden Fall das Foto von ihnen auf Facebook sehen, sagen sie. Dann beraten sie uns bestimmt noch 15 Minuten lang, welche Route wir nehmen sollten, wie die Straßenverhätnisse wo wären, wo wir essen und bedenkenlos übernachten können. Richtig herzlich. Die Empfelung eines Zeltplatzes am Stand war übrigens sehr gut!

Geld wollte hier keiner sehen.

Gepflegtes Vorurteil

An dem Treff mit der Plolizei zeigt sich mal wieder, wie stark Vorurteile sind, die wir über andere haben. Das kann dazu führen, dass man jemanden nicht versteht oder ein Land erst gar nicht besuchen will. Ganz allgemein halten uns unsere vorgefassten Meinungen erst einmal ab. Sie halten davon ab, eine reale Erfahrung zu sammeln und verhindern, dass wir uns Unbekanntem zuwenden.

Es ist wie das Leben in einem Goldfischglas. Innen ist die Welt in Ordnung. Die Wasserpflanze schön grün, der Kies sauber geharkt. Außerhalb des eigenen Glases jedoch tummeln sich die Unholde. Die sehen komisch aus, bewegen sich absonderlich. Irgendwie sind die Farben auch ganz anders. Alles ein bisschen unheimlich. Nur gut, dass man selbst hier drinnen sitzt und die Doofen da draußen sind. Dass Wasser, Glas und Spiegelung jedoch die Sicht verzerren könnten, kommt nicht in den Sinn.

Stereotypen und Vorurteile gegenüber einem ganzen Land

Interessant ist, dass man nicht nur einer Person gegenüber ein Vorurteil empfinden kann, sondern sogar ein ganzes Land über ein anderes. In manchen Fällen treffen die Stereotypen durchaus zu. Im Allgemeinen wird den Deutschen ja beispielsweise zugesprochen, dass sie sehr pünktlich sind. Das mag für die Mehrheit zutreffen, doch gibt es immer wieder jemanden, der sich verspätet oder Termine nicht einhält. Also kann man festhalten, dass für den Großteil eine Annahme zutrifft, jedoch nicht für alle zu 100% und in allen Situationen. (Weiterführende Literatur zum Thema: Die Bedeutung von Vorurteil und Stereotyp im interkulturellen Handeln; Thomas, Alexander.)

In Mexiko wird es bestimmt Polizisten geben, die aufgrund ihres geringen Einkommens Gründe für Strafzettel finden wollen. Irgendwo muss das ja passieren, sonst wäre die Meinung ja nicht so einhellig. Doch wie wir erlebt haben, gibt es eben auch andere Beamte. Das ist wichtig, im Kopf zu behalten und nicht gleich alle über einen Kamm zu scheren.

Für unsere Reise heißt das, dass wir also sorgfältig trennen sollten zwischen einer Globalaussage über ein Land und wie Menschen dort sind und den tatsächlich realen Begegnungen, die wir haben. Und noch wichtiger ist es, das eigene Handeln an den tatsächlichen Begebenheiten auszurichten und nicht im Vorhinein sich von dem Stereotypen überlisten zu lassen und so Furcht, Ärger, Misstrauen wachsen zu lassen.

Die Geschichte mit dem Hammer – von Paul Watzlawick

Abrunden und abschließen möchte ich das Thema Grenzen im Kopf mit Worten von Paul Watzlawick, einem grandiosesten Sprachwissenschaftler. Er hat eine kleine Geschichte in seiner Anleitung zum Unglücklichsein geschrieben, die herrlich genau aufzeigt, wie unser Vor-Urteil und Kopfkino unser Denken und Handeln beeinflussen.

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar ihm den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er ihn nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen ihn. Und was? Er hat ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von ihm ein Werkzeug borgen wollte, er gäbe es ihm sofort. Und warum sein Nachbar nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen ausschlagen? Leute wie der Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet der Nachbar sich noch ein, er sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht’s ihm aber wirklich. Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er „Guten Morgen“ sagen kann, schreit ihn unser Mann an: „Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!“

Felicitas


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Las Vegas’ wildes Nachtleben

Wir sind hier, in der Stadt, die niemals, wirklich niemals schläft, inmitten des glamourösen, skurrilen, blinkenden, herrlichen, wunderschönen Sündenpfuhl Las Vegas – und wir genießen es durch und durch! Es sieht nebenbei wirklich aus wie in den Oceans 11-13 Filmen

Unsere Superhosts Lee, Mary Lou mit ihren Freunden Robin, Ray, Miriam und Wade haben wir im Grand Canyon kennen gelernt. Kurzerhand haben sie uns zu sich nach Hause eingeladen und zeigen uns nun die Attraktionen der Stadt. Nebenbei integrieren sie uns direkt und sehr herzlich in ihren Freundeskreis.

Luxus & Glücksspiel in den Casinos

Um uns herum existiert eigentlich nur die Wüste Nevada, doch sobald wir den Strip im Stadtzentrument entlangschländern, sind wir überzeugt, am Mittelpunkt der Welt angelangt zu sein. Pariser Eiffelturm, Venedigs Kanäle, Roms Trevi Brunnen und die New Yorker Freiheitsstatur liegen hier in direkter Nachbarschaft mit der Pyramide aus Luxor. Lichtspektakel illuminieren die Straßen und den Nachthimmel.

Dazwischen tummeln sich Glücksspieler, feine Herrschaften von Welt und ganz normale Touristen. Alle werden von den Casinos und deren Innenleben magisch angezogen. Wer mag, fröhnt seiner Leidenschaft und fordert sein Glück im Spiel heraus. Machen wir übrigens einen Abend auch und gewinnen bei einem Einsatz von sage und schreibe zwei Dollar (einer davon ist eine milde Gabe) einen ganzen zurück!

1 Dollar, Casino, Eifelturm, Las Vegas, USA_DSCF5467_1024

Ansonsten heißt es schlicht und ergreifend Schwelgen im Luxus. Dicke Teppiche, funkelnde Kronleuchter, Goldverzierungen, Marmorfliesen, geschwungene Geländer, aufwendige Dekorationen und Nobelboutiquen bilden die Kulisse um unzählige Spieltische und Spielautomaten. Jedes Casino wirbt mit einer eigenen Spezialität: Vulkanausbruch (Mirage), Rutsche durch eine Haifischaquarium (Golden Nugget), Lichtershow am Brunnen (Bellagio). Doch das allertollste ist die herbstliche Dekoration im Bellagio!

Skurrile Gestalten in der Freeman Street

Hier braucht es eigentlich keine Worte, nur Augen. Für eine Stunde können sich Schausteller ein kleines Fleckchen mieten und sich für ein paar Dollar mit Interessierten fotografieren lassen. Die Bandbreite reicht von Dominas, Superhelden, bemalten Halbnackten bis hin zu Gitarristen in einer Miniunterhose – hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Es heißt also: gucken, stauen, freuen, manchmal auch erschrecken.

Abendprogramm

Unsere Gastgeber sind ziemlich vielseitig. Sie zeigen uns nicht nur die schönsten Ecken, machen Mopedtouren mit uns und schmeißen eine Party, nein sie zeigen uns sogar einen ganz speziellen Teil des Nachtlebens. Sie sind nämlich u.a. mit dem Besitzer eines Swinger Clubs befreundet. Tja, und der hat uns allesamt zu sich eingeladen, um uns ahnungslosen Touristen mal zu zeigen, wie in Las Vegas zelebriert wird.

Lee und Mary Lou erklären uns sicherheitshalber, was es denn mit so einer Art Vergnügen auf sich hat. Mit etwas Muffensausen ob der Dinge, die uns dort erwarten mögen, machen wir uns auf die Socken. Stolz zeigt uns Charles sein Etablissement. Wir trinken lecker Whisky und spielen ganz klassisch Pool Billard. Bevor die Party am Abend allerdings losgeht, Gäste eintrudeln und das wilde Treiben beginnt, fahren wir schon nach Hause. War auch so aufregend genug.

Las Vegas war in jeder Hinsicht ein Abenteuer! Vielen Dank ihr lieben alle für die grandiose und aufregende Woche.

Felicitas


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Schlucht im Peekaboo Canynon

Wanderung zum Peekaboo Canyon

Stets an neuen Erfahrung interessiert, schlagen wir heute Nacht unser Zelt in der Wüste auf. Wir hören zwar in der Ferne Autos auf dem Highway, doch umgeben sind wir nur von Sand, Weite und Nichts.

Entsprechend inspiriert, freuen wir uns auf die Wanderung zum Peekaboo Canyon ein paar Tage später. Soll wunderschön sein und alle, die wir getroffen haben, schwärmen davon. Wir stellen allerdings schnell fest, dass offenbar alle an den großen Verwandten, den Antelope Canyon, gedacht haben. Der ist touristisch hart umkämpft. Wir jedoch wandeln stundenlang mutterseelenallein durch die Wüste.

Und das kam so: Die Karte sagt, dass der Weg zarte 2 Meilen (ca. 3,2 km) betragen soll. Beschwingt machen wir uns in Motorradhose dafür aber in T-Shirt auf den Weg. Für diese läppische Distanz haben wir auf leichtes Gepäck gesetzt und nehmen einen großzügigen Schluck Wasser bevor es losgeht. 4 Liter Flasche bleibt beim Gepäck.

Irgendwie wird der Weg nicht unbedingt dadurch leichter, dass er nur aus weichem Wüstensand besteht. Jeder, der einmal längere Zeit am Strand entlanggelaufen ist, weiß, wovon hier die Rede ist. Der Weg dehnt sich aus. Wir plagen uns weiter. Zwischendurch werden wir von 4 Wheelern überholt, deren Fahrer gröhlen und laut Musik hören. Wir stapfen unbeirrt und schweigend weiter. Die Kräfte wollen gespart werden.

Eine Stunde später sind wir immer noch auf dem Hinweg. Die Partypeople von gerade kommen schon von ihrer Besichtigung zurück. Die Sonne brennt weiter auf uns. Jetzt müssen wir auch noch durch ein ausgedörrtes Flussbett.

Irgendwann nach knapp 90 Minuten Schlepperei gelangen wir ans Ziel. Der Canyon entschädigt für die Mühen. Wundervolle Kühle, spannendes Farbspiel. Wir schwelgen im Genuss des Moments, wissen wir doch, wie unser Rückweg aussieht…

Irgendwie zieht dieser sich lang und länger. Hinter jeder Hügelkette denken wir, hier muss doch jetzt der Parkplatz sein. Pustekuchen. Dafür kommen uns wieder Abenteuerlustige in einem Quad entgegen, halten und fragen, ob wir uns verirrt hätten. Nee. Haben wir nicht.

Irgendwann begegnen wir einer Familie in einer Riesenkutsche. Ob wir eine Panne hätten.

Nee, wir wären im Canyon gewesen.

Waaas? Zu Fuß?

Ja. Genau. Wie weit wir denn noch zurück müssten, wollen wir wissen.

Och, das dauerte noch.

Mist.

Ob wir was zu trinken oder zu essen hätten?

Ähm, nö. Wir gehen ohne alles durch die Wüste zur Mittagszeit.

Jetzt kommt der Mutterinstinkt unserer neuen Freunde ins Spiel. Unmengen an kleinen Wasserflaschen werden aus dem Kofferraum gezaubert und zu unserer Freude sogar noch Müsliriegel. Wir sind gerettet. Der Rückweg erschient nicht mehr so weit.

Es stellte sich dann später übrigens heraus, dass die Karten uns einigen Weg in der Längenberechnung unterschlagen haben und der Weg insgesamt 8 km lang war. Hätten wir das geahnt…

Irgendwie fällt mir zu unserer glücklichem Wanderung die Bergpredigt als Fazit ein:

Selig sind die da geistlich arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich.
Selig sind die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.

Und all das durch einen Schluck Wasser gespendet von gütiger Hand.

Felicitas


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Bäume im Bryce Canyon

Wandern im Bryce Canyon Nationalpark

Wir erreichen den Bryce Canyon und bestaunen die herrlichen Schluchten. Neben Wanderlustigen (ausgerüstet mit Wanderschuhen, Wanderstöcken, Trinkrucksäcken) machen wir uns nur in Motorradhose und Mopedstiefeln auf den Navajo Loop Trail. In sengender Hitze und mit einigen Höhenmetern: Wunderschön!

Viele Grüße von deinen zwei Weltenstromern


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Wüstenfahrt

So wie sich Moses mit seinem Volk auf den Weg durch die Wüste zum gelobten Land macht, tun wir es auch. Allerdings nicht gleich 40 Jahre. Ein paar Tage reichen schon und ins gelobte Land wollen wir auch nicht, sondern nach Boulder, Utha. Und fliehen oder auswandern, tun wir auch nicht. Wir kommen aus Salt Lake City und wollen in die Nationalparks im Süden Richtung Grand Canyon.

Die Strecke ist wirklich malerisch und führt an spektakulären Felsformationen vorbei. Teilweise fahren wir in Gesellschaft von Campingwagen über den kurvigen Asphalt.

 

Als wir dann die vom Navi angezeigte Straße abbiegen, stehen wir plötzlich ziemlich alleine da. Und das auf einer Schotterstraße. Zunächst lässt uns das erst mal kalt. Wir sind nämlich schon gewohnt, über Gravel Roads zu fahren. Doch bereits nach ein paar hundert Metern sehen wir nirgendwo mehr Kies, sondern nur noch fettes Geröll und Gesteinsbrocken, die jetzt unsere Straße darstellen sollen. Zur einen Seite Berg, zur anderen Abhang, dazwischen wir.

Irgendwie beschleichen uns jetzt leichte Zweifel, ob wir auf diesem Pfade 80 Meilen innerhalb von zwei Stunden zurücklegen können. Aber das Navi muss es ja wissen. Also weiter. Doch es wird irgendwie immer fieser, Hubbel immer größer, Kurven enger und steiler, Geröll gerölliger. Es nähert sich außerdem, um der ganzen Sache noch etwas mehr Würze zu verleihen, die Dämmerung unaufhaltsam.

Laut Navi soll es nach acht Meilen einen Campingplatz geben. Sicher sind wir uns irgendwie nicht, dass es den tatsächlich gibt, doch Alternativen sind nicht massig gesät. Zwei Stunden plagen wir uns durchs Niemandsland und der wirklich existierende Mini Wald-Campground ist eine Erlösung. Wir fragen uns nur, wie die Autos unserer paar Nachbarn diese Piste überlebt haben.

Es stellte sich heraus, dass unser Navi uns zwecks Streckenoptimierung den Hardcoreweg langgeschickt hat. Ein paar Kurven weiter hätte es die light Variante gegeben…

 

Beruhigt machen wir uns am nächsten Tag auf die Weiterfahrt. Der Schotterweg ganz passabel, doch dann stehen wir auf einmal mitten in der Wüste. Und da fühlt sich offenbar wieder keiner mehr für die Streckenbeschaffenheit verantwortlich. Matsch, Sand, steile Auffahrten. Der Schotter dazwischen schon eine Erholung.

Bei Strecken dieser Art ist Schwung dein Freund. Dein Hirn allerdings nicht, also ausschalten und auf Fahrphysik, dein Motorrad und die Reifen vertrauen. Und so heißt es dann ab durch ausgetrocknete, felsige Flussbetten. Bloß nicht nachdenken. Wäre auch nicht hilfreich, wenn nämlich was passieren würde, finden täte uns da keiner, laufen bringt auch nix, zu weit weg von allem. Kein Handyempfang, keine Menschenseele. Einfach nüscht. Nur wir zwei Reiseendurodeppen mit für die Autobahn aufgepumpten Reifen.

Läuft jedoch echt gut. Der strapaziöse acht-Meilen-Weg zum Campground war die perfekte Vorbereitung. Warum auch Endurokurse belegen, wenn man einfach im Ernstfall proben kann?

Nach einem komplett durchgeballerten Fahrtag durch die Wüste und später in schwindelerregende Höhen erreichen wir unser Ziel und asphaltierte Straßen. Wie das Navi auf zwei Stunden insgesamt Fahrzeit gekommen ist, bleibt schleierhaft. Die Fahrt war jedenfalls ein krasses Erlebnis, bei dem sogar Vorderreifen abhoben und ein echter Fluss durchquert wurde.

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=OgGSvzSH95g]

Felicitas


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