Der Weltreisestart holpert ein bisschen. Nachdem wir uns vor der Abfahrt schon ziemlich einen abgebrochen haben, eine bezahlbare Unterkunft zu finden, will New York uns dafür jetzt nicht mehr gehen lassen.
Gestern wollen wir, wie geplant, unsere Motorräder am Hafen abholen. Da wir aus Verschiffungsgründen unser gesamte Gepäck inklusive Motorradklamotten, Helmen und dem Campingrödel im Flugzeug transportieren mussten, läuft die Litanei bei dreißig Grad in Motorradstiefeln, kurzer Hose und Gepäck durch die New Yorker Metro also ein zweites Mal, diesmal aber nicht rein in die Stadt, sondern raus zum Hafen.
Als wir uns mit unseren Säcken ziemlich genervt nach Stunden im öffentlichen Nahverkehr filmreif aus dem Taxi in die verregnete Einsamkeit eines Hafenterminals schälen, ist die Stimmung nur noch durch die Antwort des Officers im Wachhäuschen zu toppen:“today it’s closed, man! Come back on Monday!“ Fassungslos schaue ich ihn an und versuche den Tag flehentlich durch Überreichen unserer Hafenpapiere zu retten. Vergebens. Scheiße. Jetzt waren wir vier Stunden unterwegs, sind 60$ los, haben keine Unterkunft, unser Telefon geht nicht und kriegen noch nicht mal unsere Mopeds. Wie wir so im Regen vor dem geschlossenen Terminal stehen, hält auch noch ein Polizeiwagen, was wir denn da treiben…
Immerhin können wir für eine prächtige Gebühr einen Großteil unseres Gepäcks im nahen Flughafen unterbringen. Hier gibt es auch eine halbe Stunde gratis WLAN, die wir durch die Benutzung von Handy, iPad und Laptop auf insgesamt anderthalb Stunden strecken können. Zum Glück findet Felicitas in der Zeit eine nahe gelegene AirBnB Unterkunft in Newark, die wir mit dem Bus erreichen können.
Als wir aussteigen, sind wir die einzigen Weißen weit und breit. Das Gefühl ist zunächst doch sehr komisch und wir fühlen uns fremd. Unser Blick schweift über schäbige Fassaden und unterschiedlichste Gestalten. An der Haltestelle tauschen zwei auffällig unauffällig Geld und einen Zippbeutel aus. Ein mulmiges Gefühl steigt auf. Vor unserem geistigen Auge nimmt die Fantasie Fahrt auf. Plötzlich steht ein riesiger, dicker Farbiger vor uns und spricht uns mit dröhnender Stimme an. Seine Homies stehen belustigt drumrum und beäugen uns:“Tell me, what are those boots for beside that they keep your feet dry?“ Alle lachen. Als wir kapieren, was los ist, lachen wir auch. Wir erklären, dass das Motorradstiefel sind. Zugegeben, Wir fallen nicht nur durch unsere Hautfarbe, sondern auch mit der stilistisch gewagten Kombination aus Lederstiefeln, abgezippter Outdoorhose und Funktionsshirt in der lokalen Tracht der Kategorie „Gangsteroutfit“ auf.
Alle sind freundlich zu uns und grüßen mit einem breiten Lächeln „hey, how is it goin‘?“ Ob wir Hilfe brauchen und wo wir denn hinwollen und wie man da hinkommt. Wir leben uns schnell ein.
Den Sonntag verbringen wir in unserer neuen AirBnB-Bleibe in Newark. Auch heute sehen wir keinen einzigen Weißen. Wir sitzen vor dem Haus und drehen unsere Reisepläne der nächsten Woche auf Links. Durch die Verzögerung kommt alles kräftig durcheinander. Wenigstens gibt es hier wieder Internet. Es ist ernüchternd festzustellen, wie sehr wir heutzutage davon abhängig sind. Alle viertel Stunde wehen die Klänge eines Gospel-Sängers und seiner Combo die Straße herauf. Sie legen sich ins Zeug, als würde ihr Leben davon abhängen. Dann brettert wieder eine verrostete Karre ohne Federung mit einem Lokal-Gangster die Chaussee herab, heruntergekurbelte Fenster und volle Dröhnung Gangsterrap, versteht sich. Dann wieder irgendwo Geschimpfe und Polizeisirenen. Eine skurrile auditive Collage.
Am Abend werden unsere mühsam umorganisierten Reisepläne erneut durchkreuzt, als eine Unwetterwarnung für Montag auftaucht sodass wir gezwungen sind, eine weitere Nacht zu bleiben. Hoffentlich bekommen wir morgen wenigstens unsere Mopeten aus dem Zoll…
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