Ein Jahr Weltreise – und immer noch keine Zeit

Ist es nicht absurd? Da nimmt man sich ein Jahr Urlaub. Ein Jahr Zeit, um zu machen, was man will.

Haben wir gedacht.

So stellt man sich Weltreisen vor

Für zwei Wochen sind wir im Glen Eden Sun Club in der Nähe von Los Angeles untergekommen. Herzliche Dauercamper, mildes Wetter, Jacuzzi, Sauna und Ukulele-Workshops. Fast täglich werden wir irgendwo zum Essen eingeladen.

Klingt nach Wellness-Urlaub bei dem keine Wünsche offen bleiben!

Weltreisen Backstage

Tatsächlich verbringen wir die Zeit im Wesentlichen am Rechner, arbeiten neue Features in den Blog ein und entwerfen bunte Sticker und Visitenkarten, weil sich kein Amerikaner weltenstromer.com merken kann. Hätten wohl besser einen englischen Blogtitel wählen sollen. Zwischendurch gibt mein iPad den Geist auf. Schnell noch einen Artikel für unsere Sponsoren schreiben, Montag Reifen wechseln und die V-Stroms für Mexiko fertig machen. Danksagungen an unsere Hosts schreiben, neue Kontakte in Mexiko knüpfen und für unser Projekt begeistern.

Als die Sticker geliefert werden, sind sie auf weiße statt auf transparente Folie gedruckt. Also noch mal von vorne.

Wenn es ernst wird, will der Mensch doch nicht frei sein.

Uns war schon früher aufgefallen, dass unsere Reise viel Euphorie auslöst, wenn wir auf Menschen treffen. Nach 30 Sekunden Begeisterung und Träumen folgt jedoch stets die Liste an Gründen, warum gerade dieser Mensch keine Reise machen kann. Die beliebtesten Ausreden sind Job und keine Zeit. Später vielleicht.

Hier in Glen Eden könnten wir uns erholen. Wir könnten unsere Weltreise besonders an diesem Ort in vollen Zügen genießen. Mit tollen Menschen vom Brunch in die Sauna gehen und dann in den Jacuzzi springen.

Wir könnten frei sein.

Aber wir müssen ja noch so viel arbeiten. Und in einem halben Jahr müssen wir schließlich schon wieder zu Hause sein.

Weltreisen ist kein Spaß.

Andreas


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Indianische Weisheiten – Die vier Jahreszeiten

Du bist unzufrieden und gestresst? Du malochst Tag ein Tag aus und weißt nicht wofür? Du hast deinen inneren Rhythmus verloren? Du willst etwas in deinem Leben ändern, weißt aber nicht, was?

Dann lies diese kleine Indianische Weisheit über die vier Jahreszeiten und kehre zurück zu deiner menschlichen Natur.

Baum, Herbst, Yosemite National Park_DSCF5862_1024

Der Mensch ist wie ein Baum

Im Winter zieht er den Saft in die Wurzeln, die Zeit der Ruhe und Innenschau, der Meditation und Reflexion. Wie war das Jahr? Wo will ich hin? Welche neuen Fähigkeiten will ich erlernen? Eine Sprache, ein Instrument? Der Baum überlegt: Welche neuen Wurzeln braucht er dafür, welche neuen Zweige? Was muss verstärkt werden?

Im Frühjahr wird der Plan angegangen, die Säfte fließen, das erste Grün zeigt sich. Die neuen Wurzeln und Zweige beginnen zart zu wachsen. Ich lerne die ersten Vokabeln, einfache Sätze und die ersten Noten.

Im Sommer setzt der Baum all seine Energie darein zu wachsen und arbeitet mit aller Kraft an seinem Vorhaben.

Und dann kommt der farbenfrohe Herbst, der bunteste Monat. Die Früchte sind reif zur Ernte. Die Früchte sind reif, damit sie andere nähren. Damit ich mit meinen neuen Fähigkeiten anderen diene.

Aho!

Diese Geschichte habe ich in einem indianischen Museum in Chamberlain, South Dakota, gehört. Sie hat mich sehr nachdenklich gestimmt, weil sie in ihrer Einfachheit so viel Weisheit offenbart.

Und was machen wir?

Mein Eindruck ist, dass unser Winter herzlich wenig mit Einkehr und Innenschau zu tun hat. Statt dessen rennen alle im Vorweihnachtsstress von einer Feier zum Jahresabschluss, von der Arbeit zum Einkaufen. Dann der Weihnachtswahn, dann der Silvesterwahn, dann noch schnell im Januar eine Woche zum Skilaufwahn und dann ist ja auch schon Karneval.

Das Ergebnis? Halbherzige Vorsätze für das neue Jahr, noch mehr Stress, noch mehr arbeiten. Die sogenannte Früjahrsmüdigkeit ist wohl eine Volkskrankheit geworden, die mit der Natur offensichtlich nichts gemeinsam hat.

Den Sommer über malochen.

Und dann im Herbst die Früchte meiner Arbeit? Wer war schon im Herbst zufrieden, was er dieses Jahr vollbracht hat? Kommt nicht im Winter der Endspurt, um die Zahlen noch ein bisschen besser zu machen? Und vor allem: Wer hat im Herbst die Früchte seiner Arbeit verschenkt, wie der Baum? Streben wir nicht eher danach, noch mehr zu haben und uns noch weniger daran zu freuen?

Wenn mir eins auf dieser Weltreise schnell klar geworden ist, dann dass wir in einem sehr, sehr merkwürdigen System leben, das mit der Natur des Menschen und der Harmonie dieser Welt wenig zu tun hat.

Die Erkenntnis ist das eine, was wir daraus für unseren Alltag nach der Reise ableiten das andere. Wir werde weiter darüber nachdenken, wie wir unser Leben nach der Weltreise gestalten wollen.

Wenn dich die indianische Geschichte inspiriert hat, schreib uns, wie du deinen Tages-, Wochen-, und Jahresrhythmus von der Natur ableitest!

Andreas


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How fast can you travel?

Im Land der Freiheit fallen wir mit unseren V-Stroms bepackt mit Sack und Koffer auf. Kein Mensch fährt hier einen Japaner oder ein anderes Straßenmotorrad. Statt dessen kommen in Amerika auf eine Reiseenduro gefühlt 10.000 Harley’s. Und da natürlich Individualität für den authentischen Einheimischen ein hohes Gut ist, wird Customising groß geschrieben: Kein Motorrad sieht aus wie das nächste. Je tiefer desto besser, je spektakulärer die Sitzposition, um so origineller. Und der ganze Ort soll natürlich hören und fühlen, wenn man den Motor anlässt.

Da stechen wir auf unseren Stromern in jeder Hinsicht aus der Masse hervor, insbesondere durch die Sitzhöhe. Nicht selten ist „wow, those bikes are big!“ der Einstieg in ein Gespräch. Eine der nächsten Fragen lautet dann häufig: „How fast can you travel?“

Noch vor kurzem habe ich diese Frage mit der politisch korrekten Antwort entsprechend der Verkehrslage und der allgemeinen Interpretation der gerade vorgesehenen Höchstgeschwindigkeit beantwortet.

Doch zusehends schleicht sich ein ganz anderer Aspekt in unseren Alltag, der unsere Reisegeschwindigkeit bestimmt. Und der hat herzlich wenig mit Hubraum, Asphalt und Polizeidichte zu tun.

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„How fast can you travel“ wird immer deutlicher davon bestimmt, wie viele Eindrücke wir verarbeiten können. Eine Reise und eine lange insbesondere,  unterscheidet sich deutlich vom Strecke-Machen, wie wir es teilweise von zu hause kennen. Es liegt nicht mehr daran, dass einem der Hintern nach sechs Stunden weh tut.

Es braucht einfach Zeit, den Tag wahrzunehmen und vor allem wirken zu lassen. Neben der physischen Anstrengung einer Motorradreise gibt es jede Menge Eindrücke zu verarbeiten. Begegnungen machen nachdenklich. Kleine und große Herausforderungen säumen den Weg zwischen den vermeintlichen Sehenswürdigkeiten. Das Leben in der äußeren Freiheit eines Weltreisenden konfrontiert täglich mit den eigenen Unfreiheiten und Begrenzungen im Inneren.

Eine Weltreise stellt schlicht alles auf den Prüfstand, was man sich zu hause als liebgewonnenen Alltag aufgebaut hat. Der Alltag daheim hat nämlich einen großen Vorteil: Egal wie unzufrieden man mit ihm ist, er ist auf seine Weise angenehm, weil man sich mit ihm arrangiert hat. Es gibt wenig Unvorhergesehenes, Extremes oder gar Gefährliches, das an der Komfortzone rüttelt. Es ist viel einfacher, sich über seinen Chef zu beklagen als plötzlich die vollständige Verantwortung für einfach alles selbst zu tragen.

Die ersten paar Wochen unterwegs ist man Tourist. Man studiert den Reiseführer, macht die obligatorischen Fotos vor den allgemein anerkannten Highlights und lässt sich mit seinem Motorrad bewundern. Man kommt gut voran und fährt sechs Stunden am Tag, bis man nicht mehr sitzen kann. Man hält sich an die allgemeine Interpretation der Höchstgeschwindigkeit und versucht sich nicht erwischen zu lassen.

Doch irgendwann passiert etwas mit dem Touristen. Er wird zu einem Reisenden, der in sein Inneres unterwegs ist.

Wenn also das nächste Mal jemand unsere Motorräder bestaunt und fragt: „how fast can you travel?“ werde ich antworten: „it depends on the rider.“

Andreas


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