Der Machu Picchu gilt wohl als die berühmteste Sehenswürdigkeit Südamerikas und steht damit natürlich ganz oben auf unserer Weltreiseliste. Nach einigen Wochen grauer Regenzeit in Kolumbien, Ecuador und im Norden Perus sind wir froh, endlich die tropische Dauerfeuchtigkeit hinter uns gelassen zu haben. Im Basislager Cusco herrscht Ende Mai wieder Trockenzeit!
Wir erfreuen uns allerdings erstmal nur bedingt an dem schönen Wetter. Bei der Anreise von der Küste ab Perus Hauptstadt Lima geht uns ziemlich schnell die Puste aus: Pässe mit bis zu 4.600 m Höhe und eine Übernachtung auf knapp 4.000 m Höhe in einer unbeheizten Alpaka-Station lassen uns beide ganz gut mit Kopf- und Gliederschmerzen kämpfen. Immerhin ist uns nicht schlecht. Die Höhenkrankheit ist definitiv kein Spaß! Zum Glück liegt Cusco mit 3.400 Höhenmetern wieder ein bisschen tiefer. Wir verbringen dort ein paar Tage, um uns an die dünne Luft zu gewöhnen. Genug Zeit also, die Besichtigung des Machu Picchu zu planen.

Auf viertausend Metern Höhe übernachten wir in einer nicht beheizten Alpakafarm. Arschkalt.
Was mir bei der Reisevorbereitung definitiv untergegangen ist, sind die Entfernungen in Peru. In jedem Reiseführer und Reiseblog steht zwar zu lesen, dass in Cusco der Ausflug zum Machu Picchu beginnt. Dass man von Cusco aber noch fast sechs Stunden nach Santa Teresa fahren muss, geht mir erst jetzt bei der Detailplanung auf. Was auf der Karte «gleich um die Ecke» aussieht, entpuppt sich als 230 km lange Serpentinenfahrt durch spektakuläre Andenlandschaft. Auch kann man gar nicht bis Aguas Calientes, die Stadt am Fuße des Machu Picchu, fahren. Lediglich eine sagenhaft überteuerte Eisenbahnverbindung existiert – oder man läuft eben zehn Kilometer ab Santa Teresa entlang der Gleise zum Tor ins Inkareich. Wir entscheiden uns für letzteres.
-
-
Hostel Estrellita in Cusco ist beliebt bei Motorradfahrern, weil es einen großen Innenhof zum Parken hat. Außer uns ist allerdings nur noch ein Kanadier mit Moped hier.
-
-
Die Fahrt von Cusco nach Santa Teresa führt durch atemberaubende Landschaft.
Nach ein paar Organisationstagen in Cusco satteln wir wieder unsere Rösser und schwingen uns auf nach Norden. Vorbei an weiteren Inkaruinen und grasenden Lamas schraubt sich die gut ausgebaute Straße über die Pässe. Schließlich zweigt sie für die letzten zehn Kilometer auf eine Piste ab, für die schon eine fortschrittliche Schwindelfreiheit beim Mopedfahren gefordert ist. Fast senkrecht geht die Felswand neben unserem Weg in die Tiefe, wo unten ein von der Regenzeit noch gut gefüllter Fluss dröhnt.
-
-
Jedes Andental hat seine eigene Atmosphäre.
-
-
Hier muss man schwindelfrei sein: eine schmale Piste führt die letzten zehn Kilometer von der Hauptstraße nach Santa Teresa.
Erschöpft kommen wir abends in Santa Teresa an und müssen feststellen, dass das über booking.com reservierte Hostel ausgebucht ist. Die Besitzerin verweist uns kurzerhand an eine Freundin, die gleich um die Ecke wohnt. In ihrem Hostel ist noch ein Zimmer frei und Platz für die Töffs hat sie auch. Da wir aber nicht durch die Haustür passen, müssen wir noch die Koffer abschrauben. Das Abendessen in einem nahegelegenen Restaurant entpuppt sich als Tiefpunkt unserer kulinarischen Weltreise. Wir bestellen das verheißungsvolle vegetarische Menü des Tages bestehend aus Spargelcremesuppe und Champions mit Reis. Ein großer Fehler. Die Suppe kommt aus der Tüte, die Champions aus der Dose… Später kaufen wir uns in einer Tienda noch einen Strauß Bananen.
Am nächsten Morgen stehen wir um halb sieben stramm in der Rezeption unserer Herberge: Mit dem Colectivo wollen wir zur zehn Kilometer entfernten Hydroelectrica fahren, der Eisenbahnhaltestelle für den Zug nach Aguas Calientes. Überraschend hält das Büschen chinesischen Ursprungs tatsächlich pünktlichst vor der Tür und voller Vorfreude auf die Wanderung steigen wir ein. Unsere Geduld wird allerdings auf eine harte Probe gestellt. Der Fahrer kreist nämlich noch fast eine Stunde durch das vierhundert Seelendorf auf der Suche nach weiteren Fahrgästen. Zu diesem Zweck wird gehupt und mit allen möglichen und unmöglichen Leuten gesprochen, ob sie nicht vielleicht mitfahren wollen. Sie wollen aber bestenfalls nur irgendwo im Dorf hin – nun, dann werden sie eben dort hingefahren. So zirkeln wir also immer wieder über die vier Straßen, bis sich genug Fahrgäste gefunden haben. Ein Bus fährt ab, wenn er voll ist! Das sollte man mal in deutschen Dörfern probieren!
-
-
Und Abmarsch: Ab der Haltestelle Hydroelectrica kann man zehn Kilometer zu Fuß nach Aguas Calientes marschieren.
-
-
Beim Wandern ist Aufmerksamkeit gefragt: Alle halbe Stunde donnert eine Diesellok vorbei.
Endlich erreichen wir Hydroelectrica und wir machen uns auf den Weg entlang der Gleise. Einen Weg oder eine Straße nach Aguas Calientes gibt es nicht, alles wird über den Zug angeliefert. So dauert es auch nicht lange, bis wir vor einer imposanten Diesellok von den Schwellen ins Gebüsch hechten. Entlang der Schienen kommen wir immer wieder an kleinen Restaurants vorbei. Offensichtlich hat man sich hier auf einen regen Fußgängerbetrieb eingestellt. Neben Erfrischungsgetränken, Bananen und Snacks gibt es auch komplette Menüs im Angebot. Außer uns sind noch ein paar Backpacker unterwegs. Da wir nicht nur Motorräder sondern auch fast unser komplettes Gepäck außer Zahnbürste, Wasser und Fressalien im Hostel gelassen haben, kommen wir vergleichsweise schnell voran und erreichen bereits nach knapp über zwei Stunden Fußmarsch Aguas Calientes.
-
-
Aguas Calientes empfängt am Fuße des Machu Picchu.
-
-
Alles wird hier mit dem Zug angeliefert, sogar Brennholz.
-
-
Riesiege Inka Skulpturen zieren das Stadtbild von Aguas Calientes.
Ein herausgeputztes kleines Städtchen, dass offenbar alles auf Tourismus gesetzt hat. Wir laufen in den Bahnhof ein, der nicht nur sehr schön und geschmackvoll und ein klein bisschen kitschig hergerichtet ist, sondern auch mit allerlei Annehmlichkeiten lockt: Restaurants und Massagesalons wechseln sich ab, edle Hotels laden zum Übernachten ein. Inka werden hier großgeschrieben: alles ist mit den typischen Mustern verziert, es gibt riesige Statuen und natürlich allgegenwärtig Kram aus Alpakawolle. Wir setzen uns auf eine Bank am Bahnhof und schnabulieren mitgebrachte Croissants zum Frühstück, während wir das bunte Treiben beobachten. Ein Güterzug wird gerade ausgeladen. Mit Sackkarren wird dann alles im Laufschritt im Ort verteilt: Wasser, Kartoffeln, Reis, Gasflaschen.
Frisch gestärkt geht es an die zweite Etappe unserer Wanderung: Wir haben Nachmittagstickets für den Machu Picchu erstanden und dürfen damit ab zwölf Uhr die Ruinen besichtigen. Es sind aber noch gut fünfhundert Höhenmeter über Treppen zu bezwingen! Wir schultern den Rucksack und machen uns auf den Weg. Mit anderen Wanderern stapfen wir stoisch die abertausend Stufen empor, während auf den Serpentinen nebenan die Touribusse rauf und runter rumpeln. 12 USD pro Strecke ist uns aber definitiv zu teuer. Außerdem wollen wir uns den Berg erarbeiten! Nach insgesamt vier Stunden Wanderung ab Hydroelectrica kommen wir schließlich oben an. Zeigen unsere Ausweise und Tickets vor und stehen in einer langen Schlange Touristen am Eingang zur berühmtesten Inka Ruine.
Unter dem beharrlichen Rufen der Parkranger verteilt sich die Menschenmasse schließlich und wir können uns auch auf einen der Rundwege durch die wohl bedeutendste Stadt des Inkareichs machen. An dieser Stelle kann man eigentlich nicht mehr viel schreiben. Machu Picchu muss man erlebt haben. Umringt von einer einzigartigen Andenlandschaft schmiegen sich die Terrassen an den Berg. Wohnhäuser, Lagerstädten und Tempelanlagen sind in einer einmaligen Atmosphäre zu bestaunen, wie wir es so noch nirgendwo erlebt haben.

Machu Picchu in der Nachmittagssonne.
Um die Touristenmassen einigermaßen zu bändigen sind alle Wege nur in einer Richtung begehbar. Die Ordnungshüter achten mit Argusaugen auf die genaue Einhaltung. Am Eingang kann man sich für einen der Rundwege entscheiden und kommt dann am Ausgang aus. Wer sich auch die anderen Routen ansehen möchte, stempelt kurzerhand mit seinem Ticket am Eingang wieder ein. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die Inka Brücke, die wir uns nicht entgehen lassen wollen. Ein schmaler Pfad führt kilometerlang an einem Felsabhang entlang. Mittendrin fehlt ein Stück – hier wurden im Sinne einer Zugbrücke ein paar Bretter über den Abgrund gelegt, die Inka Brücke! Nichts für schwache Nerven.
-
-
Ein schmaler Pfad führt zur Inka Brücke. Geländer is nich.
-
-
Lamas sind geländegängig: alle Nase lang trifft man auf eines der zotteligen Andenbewohner.
-
-
Und dann die Inka Brücke: Ohne Bretter kommt hier kein ungebetener Gast rein! Oder er muss sich selbst Bretter mitbringen.
Am Nachmittag verklingen die Touristenströme und wir haben Gelegenheit, Machu Picchu in Stille zu genießen. Wir sitzen auf ein paar Steinen und lassen den Blick über die Stadt schweifen. Nur ein paar Lamas grasen um uns herum. Sie sind wohl für die Pflege der Grünflächen zuständig. Wie das hier wohl vor rund sechshundert Jahren zugegangen sein mag?

Am Nachmittag kehrt Ruhe ein. Nur noch wenige Touristen und Lamas wandeln durch die Inka Stadt.
Später machen wir uns an den Abstieg und erreichen mit Einbruch der Dunkelheit Aguas Calientes. Wir checken in einem Hostel ein, duschen und gehen noch ein viertel Hühnchen mit Reis, Pommes und Salat essen. Es schmeckt erheblich besser als das vegetarische Menü vom Vortag. Ein besonderer Tag liegt hinter uns, der definitiv ein Highlight unserer Weltreise ist. Am nächsten Morgen werden wir noch durch Aguas Calientes schlendern und uns dann auf den Rückweg nach Santa Teresa machen.
Andreas

Dir gefällt unser Blog und du willst unsere Arbeit unterstützen? Dann freuen wir uns, wenn du unseren Amazon-Partnerlink benutzen möchtest oder schau bei Hilf Uns! vorbei.