Death Road und andere Freuden in La Paz

Jetzt hat es auch Adreas‘ Kettenschutz erwischt! Na gut, man kann sagen, nach knapp 34.000 km Motorradweltreise über holprige Pisten kann das schon mal passieren. Der Touratech-Kettenschutz meiner V-Strom hatte sich ja bereits in Costa Rica verabschiedet, doch Dank der Unterstützung von Suzuki Bogota fahre ich seit Kolumbien wieder mit einem Originalkettenschutz. So leicht finden wir allerdings keinen Ersatz für Andreas‘ Töff, weil wir gerade die Grenze zu Bolivien passiert haben und uns jetzt in der Pampa am Titicacasee befinden.

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Unser Zeltlager am Titicacasee.

Der örtliche Schweißer des Vertrauens, der in einem kleinen Dorf am größten Süßwassersee Südamerikas wohnt, hat schon verlauten lassen, dass er zwar gerne helfen würde, leider aber kein Alu schweißen kann. Der einzige Ort in Bolivien, wo das ginge, wäre La Paz. Alles klar, La Paz liegt eh auf dem Weg – wir wollen schließlich die legendäre Death Road testen. Damit der gebrochene Kettenschutz den Weg bis dahin übersteht, wird nicht lange gefackelt: Er wird abmontiert und dann mit einem alten Fahrradschlauch an den Kofferträger gebunden.

Xtress in La Paz

Auf dem Weg zur Hauptstadt nimmt Andreas Kontakt mit dem Suzuki–Händler Jaime auf, um herauszufinden, ob er uns weiterhelfen kann. Jaime meint, das ginge, wir sollen einfach vorbeikommen. Als wir sein Geschäft Xtress erreichen, werden wir von ihm und seinen Mitarbeitern wie alte Bekannte begrüßt.

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Jaime und sein Team von Xtress begrüßen uns in La Paz.

Jaime hat zwar keine eigene Werkstatt, kennt aber genau den richtigen Mann für diesen Fall. Der gebrochene Kettenschutz wird kurzerhand zur Chefsache erklärt und Jaime fährt mit Andreas zum Aluschweißer.

Als sie zurückkehren, strahlen beide. Der Kettenschutz ist repariert und Jaime lädt uns zu sich übers Wochenende nach Hause ein, wo wir seine Familie kennenlernen dürfen. Wenn das nicht mal gute Neuigkeiten sind! Er sorgt dafür, dass wir uns nicht nur kulinarisch und durch die erste heiße Dusche seit Monaten wie im Urlaub fühlen.

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Frisch geduscht am fulminant gefüllten Frühstückstisch.

Doch das ist noch nicht alles. Jaime scheint alles und jeden in La Paz zu kennen. Noch am selben Abend organisiert er uns einen Ölwechsel inklusive Öl für den nächsten Morgen in der nahen Suzuki-Autowerkstatt und legt noch einen Satz vordere Bremsbeläge für Sir Bumblebee oben drauf.

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Suzuki La Paz sponsort uns mit einen Ölwechsel inkl. Öl. Unsere Schrauber Carlos Miguel und Gabriel sind ruck zuck fertig.

Death Road

Nach den Instandsetzungsmaßnahmen ist es dann endlich soweit. Das Befahren der gefährlichsten Straße der Welt, der Death Road, steht an. Jaime tüftelt mit uns den perfekten Tag dafür aus. Das Wetter muss nämlich mitspielen, da wir den Q’ulini-Pass in fast 5.000 m Höhe auf dem Weg überqueren müssen.

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Bei Sonnenschein kommt uns der Pass um den Q’ulini gar nicht kalt vor. Mal sehen, wie das Wetter heute abend auf dem Rückweg aussieht…

Die Death Road befindet sich einige Kilometer hinter dem Pass und ist so berühmt berüchtigt, da über all die Jahre etliche Fahrer hier in den tiefen Schluchten tödlich verunglückt sind. Wir hingegen genießen die gut 40 km lange Abfahrt nach Coroico – entgegen des Images ist nämlich eine der angeblich gefährlichsten und lebensbedrohlichsten Straßen der Welt gut in Schuss und mit dem Motorrad super zu fahren.

Das liegt sicherlich auch daran, dass sie mittlerweile für den Durchgangsverkehr gesperrt ist und sich heute keine LKWs mehr auf der knapp drei Meter breiten Fahrbahn aneinander vorbei quetschen müssen. Wir begegnen lediglich diversen Gruppen von Mountainbikern, die die 3.600 Meter Höhenunterschied vom Beginn der Todesstraße bis zu ihrem Ende hinunterrollen.

Wer mal eine wirkliche Todesroute erleben möchte, der soll einfach mal in Nicaragua den Weg zum Vulkan Telika ausprobieren – da ist wirklich fahrerisches Können angesagt. Eben keine Schönwetterfahrt wie hier.

Motocross-Training

Nachdem wir erfolgreich die Road of Death überlebt haben, lädt und Jaime zum nächsten Abenteuer ein. Er ist mit den Besitzern einer Motocross-Strecke um die Ecke sehr gut befreundet und unser Gastgeber hat einen Tag Urlaub. Wir dürfen sogar seine Renn-Maschine testen. Leider hat die unterwegs einen Platten bekommen, so muss eben die V-Strom durch den Cross-Parcours gelotst werden.

Während Andreas seine Runden dreht, schaut das Motocross-Rennstrecken-Team interessiert zu, was er denn mit der vergleichsweise fetten Maschine so treibt. Trotz der niedrigen Bodenfreiheit kommt er zum Ergebnis: Die DL650 macht wiedermal eine ziemlich gute Figur! Dank Weltreisetraining ist seine Rundenzeit mit V-Strom sogar besser als auf Jaimes Renngerät.

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Wiedermal mit der V-Strom auf die Motocross-Strecke: Über den Jump rechts im Bild geht’s gleich mehrere Runden!

Das Highlight des Abends wird ein Privatkurs bei Motocross-Trainer Carlos Del Carpio. Er ist eindeutig der beste Fahrlehrer, der mir jemals eine Stunde gegeben hat! Wir drehen mit unseren V-Stroms Runden auf dem Übungsplatz der Rennstrecke und er arbeitet mit uns an der Sitzposition und Kurvenfahrtechnik im Gelände. Der Trick ist, das Gewicht auf den Vorderreifen zu verlagern und die Arme anzuwinkeln (sowohl beim Fahren im Sitzen als auch im Stehen). Das hat den Vorteil, dass man leichter lenken kann und die Kontrolle über die Maschine auch in unebenen Gelände behält.

La Paz war in jeglicher Hinsicht eine tolle Zeit. Wir freuen uns, dass wir all das Schöne erlebt haben! Vielen Dank dafür.

Felicitas


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Mit dem Motorrad auf den Vulkan Telica

Die Vulkane in Zentral-Amerika haben es uns angetan. Nach dem wir schon den Atitlán in Guatemala bestaunt und den San Cristóbal in Nicaragua erklommen haben, steht Telica als nächstes auf unserer Liste. Hier soll man sogar mit etwas Glück Lava sehen können.

Telica ist ein recht aktiver Vulkan und wegen seiner mühseligen Anreise gleichzeitig touristisch nicht überlaufen. Ganz im Sinne des deutschen Sicherheitsempfindens kann man auch diesen Krater besteigen, sich oben auf allen Vieren über die vertrauenseinflößende Kante beugen und seine Lungen mit den nach einer antiken Heilquelle duftenden und mindestens ebenso gesunden Gasen und Dämpfen füllen. Mit  etwas Glück soll man sogar zwischen den Schwaden glühende Lava erspähen können. Außerdem soll es eine tolle Aussicht auf die umliegende Vulkanlandschaft inklusive San Cristóbal im Sonnenuntergang geben. Damit aber noch nicht genug: Für den letzten Adrenalin-Kick schnürt eine Übernachtung im Zelt am Krater noch einen Sonnenaufgang auf das Paket. Wer kann da noch widerstehen? Klingt nach einem Highlight unserer Reise!

Anreise zum Vulcan Telica

Diverse organisierte Touren karren den gut situierten Backpacker von Welt im Allradfahrzeug oder per zwei Tage Hike in den Park. Als eingefleischte Motorrad-Weltreisende wollen wir aber natürlich das ganz große Abenteuer (und uns die Kohle sparen) und planen unsere Anreise mit den Mopeten. Schließlich wollen wir (ich) den wahren offroad-Fähigkeiten unserer V-Stroms auf den Zahn fühlen!

Es braucht dann allerdings doch zwei Anläufe, um das Projekt erfolgreich in die Tat umzusetzen. Unsere erste Anreise auf unseren beiden Motorrädern müssen wir leider schon nach zwei Kilometern abbrechen, weil die Sandpiste ab Las Mercedes für unsere vollbepackten Schiffe auch mit abgelassenem Reifenluftdruck nicht fahrbar ist. Enttäuscht müssen umdisponieren.

Wir fahren in das benachbarte Léon und kehren die Nacht im Blue Hat Hostel ein. Diese Expedition braucht offensichtlich eine ernstere Vorbereitung, da sie mit Abstand die schwierigste Etappe unserer bisherigen Weltumrundung darstellt. Wir beschließen, mit nur einem Motorrad zu fahren und Gepäck im Hostel zwischenzulagern. Werkzeug, Ersatzteile, Campingausrüstung und acht Liter Wasser müssen aber trotzdem mit. Wir können hoffentlich Kraft sparen, weil wir zu zweit nur eine Maschine durch die schwierigen Passagen baggern müssen. Auch die Route arbeiten wir detailliert aus, um alles zeitlich zu schaffen. Die Touri-Jeeps fahren um zwei Uhr los, also starten wir um elf. Das sollte uns hoffentlich genug Reserve geben.

Zweiter Anlauf zum Krater

Am nächsten Tag steht meine V-Strom abfahrbereit vor dem Hostel, während Felicitas ihr Töff auf einem Parqueo zur Bewachung abgibt. Vorsorglich erhöhe ich die Federvorspannung an meinem Touratech-Fahrwerk. Mit der geringen Bodenfreiheit der V-Strom werden wir jeden Millimeter zwischen Geröll und Unterfahrschutz brauchen.

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Fertig gepackt steht meine V-Strom vor dem Hostel, bereit, Vulkan Telica zu bezwingen!

Dann geht es los. Wieder in Las Mercedes lassen wir den Reifenluftdruck aus unseren TKC70 ab. Vorne 1,4 bar, hinten 1,6 bar. Ich bin immer wieder fasziniert, dass diese kleine Maßnahme darüber entscheidet, ob man über Sand fahren kann oder sich hoffnungslos eingräbt. Die ersten zwei Kilometer kennen wir ja bereits, ein gewisser Lerneffekt hat sich auch schon eingestellt. Gutmütig und stoisch arbeitet sich die DL650 mit zwei Personen und Gepäck durch wechselnde Böden zwischen Sand und Geröll. Doch dann kommt eine Passage mit sehr tiefem Sand. Ich fahre sie zu schnell an, das Vorderrad schwimmt zur Seite weg und wir stürzen in Zeitlupe. Nix passiert, ist ja alles puderweich hier. Als sich die Staubwolke legt, halten zwei Locals auf ihrem Moped und helfen uns auf. Kein Wunder, dass hier alle höchstens auf 150 kg und 200 ccm³ unterwegs sind. Mit einer großen Reisenduro sind diese Straßen bei über dreißig Grad das reinste Fatburn-Workout. Anschieben müssen sie dann aber auch noch. Stehenbleiben auf Sand ist einfach nicht gut. Ist wie Skifahren im Tiefschnee, wenn es nicht runter geht…

Reserva Natural Complejo Volcánico Telica Rota

Nach einer Stunde erreichen wir schwitzend Cristo Rey. Seit einer ganzen Weile begegnen uns nur noch Menschen entweder zu Fuß oder zu Pferd. Es leuchtet uns absolut ein, dass kein Fahrzeug der Welt an die Agilität der zahmen Vierbeiner herankommt, die trittsicher Wasserkanister, Maissäcke und alles mögliche andere durch die Wildnis tragen.

Hier in Cristo Rey geht es rechts ab in den Vulkan Park. Es gibt sogar ein offizielles Schild vom Tourismusverein. Wahrscheinlich, damit die verrückten Reisenden wenigstens nur auf dieser Strecke stecken bleiben und nicht die anderen Pfade mit liegengebliebenen Fahrzeugen verstopfen. Ab hier geht es richtig ans Eingemachte. War die Fahrt bis hierher einfach nur anstrengend, geht es ab jetzt auch richtig technisch zur Sache. Die neuen Etappengegner heißen Steigung (wir wollen ja auf den Vulkan RAUF) und Lavabrocken. Ich muss jetzt im Stehen fahren, anders komme ich nicht durch den Parkour gezirkelt. Definitiv eine Strecke für ausgewachsene Geländefahrzeuge – oder Pferde. Ein Glück durften wir vor ein paar Monaten mit dem Motocross-Champion Nicolás España in Mexiko auf seiner Hausstrecke trainieren. Die gelernten Skills sind hier Gold wert.

Der Anstieg zieht sich schier endlos. Auch wenn die ganze Offroad-Etappe nur knapp zwanzig Kilometer bis zum Basiscamp ist, sind wir schon zwei Stunden unterwegs. Immer wieder setzen wir knirschend mit dem Unterfahrschutz auf. Wenn Suzuki doch endlich mal den Auspuff verlegen würde. Aber auch in der vierten V-Strom-Generation verläuft das Geröhre unter dem Motor lang und kostet mindestens fünf Zentimeter Geländetauglichkeit.

Langsam aber sicher verlassen mich Konzentration und Kraft. In einem schwierigen Hang stürzen wir erneut, weil mir die Traktion am Hinterrad auf losem Geröll verloren geht. Unser Schwung reicht nicht, um über den rutschigen Bereich hinwegzukommen und gehalten kriege ich die V-Strom auf dem unebenen Untergrund auch nicht mehr. Wieder nichts passiert, aber es ist so steil hier, dass wir das Motorrad zu zweit ohne Weiteres nicht mehr gegen den Hang aufrichten können. Fluchend müssen wir das Gepäck abladen, dann geht es. Felicitas gibt Anschiebehilfe und ich fahre den restlichen Hang mit keilendem Heck alleine nach oben. Jetzt ist definitiv Zeit für eine Pause – es gibt Wasser und Kuchen von einem französischen Bäcker aus Léon.

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In einer steilen Passage stürzen wir erneut als das Hinterrad auf losem Untergrund wegrutscht.

Etappe zum Parkplatz

Wieder bei Kräften satteln wir auf und gehen das letzte Stück bis zum „Parkplatz“ an. Man kann sich kaum vorstellen, dass am Ende dieser „Straße“ ein „Parkplatz“ sein soll, doch so ist es. Der örtliche Tourismusverein steht offenbar im engen internationalen Austausch und hat aus sicherer Quelle in Erfahrung gebracht, dass ein Tourist der nördlichen Hemisphäre einen Parkplatz vor einer Sehenswürdigkeit erwartet. Zehn mal zehn Meter sind von Lavabrocken freigeräumt, es gibt ein Plumpsklo und einen einheimischen Ranger, der im Schatten eines Wellblechunterstands sitzt. Sein Pferd knabbert in der Mittagsglut an der spärlichen Vegetation. Wir stellen das Motorrad ab und reißen uns die durchgeschwitzte Schutzkleidung vom Laib.

Und dann stehen wir vor ihm: Vulkan Telica! Seine gedrungene Erscheinung sieht von hier aus wie ein intergalaktischer Maulwurfshügel. An seiner Aktivität besteht offensichtlich kein Zweifel. Aus dem Sand quellen schweflige Dämpfe wie aus einem Druckkessel. Der Geruch lässt allerdings an den Absichten des Kochs zweifeln. Wenn dieses Gericht mal serviert wird, wird heiß gegessen. Wir setzen uns in den Schatten eines Baumes und begutachten aus sicherer Entfernung das Naturschauspiel. Viel Zeit zum Staunen haben wir allerdings nicht, denn gleich rollen schon die Touri-Jeeps an. Wir müssen noch ein Stückchen weiter zum Grundstück eines Vulkanforschers, wo wir unser Nachtlager aufschlagen werden.

Letzte Auffahrt

Ab jetzt fahre ich alleine, Felicitas läuft das letzte Stück. Technisch sauber fahre ich nicht mehr, dafür ist meine Konzentration zu erschöpft. Mit Körperkraft wuchte ich die V-Strom durch die Kurven und die Hänge hinauf. Wieder stürze ich in einem steilen und gerölligen Abschnitt. In mir existiert nur noch ein einziger Gedanke – irgendwie ankommen, ich schaffe das. Ich bin der erste V-Strom-Fahrer, der den Telica bezwingt (unrecherchierte Behauptung, freue mich auf Zuschriften). In mir werden ungeahnte Kräfte frei. Alleine stemme ich mein vollbepacktes Motorrad wieder in die Senkrechte – und fluche. Beim Sturz ist meine Maschine ein Stück den Hang hinabgerutscht. Dabei ist meine rechte Fußraste abgebrochen. Scheiße! Egal, muss ich halt sitzend und einbeinig bis zum Basislager kommen. Fußbremse geht noch. So fräse ich mich mit heulendem Motor, glühender Kupplung, rutschendem Vorderreifen und durchdrehendem Hinterrad den letzten Kilometer zum Ziel – geschafft!

Felicitas kommt fast zeitgleich mit mir an. Der Vulkanforscher empfängt uns zwischen seinen Hühnern und Hunden und zeigt uns, wo wir übernachten können. Alles sicher heute, die gemessenen Temperaturen liegen absolut im Normbereich. Jetzt heißt es erstmal: Raus aus der Mopedmontur, rein in die Wanderschuhe und auf zum Gipfel! In einer Stunde geht die Sonne unter.

Sonnenuntergang auf dem Vulcan Telica

Zum Glück ist der Trail im Vergleich zur zwölfstündigen Besteigung von San Cristóbal ein Spaziergang. Und dann stehen wir auf dem Kraterrand und spähen in die Tiefe. Ein steifer Wind pfeift uns um die Ohren, die Gase brennen in den Lungen. Lava gibt es heute wohl nicht zu sehen, dafür sind die Schwaden zu dicht. Aber schon ein irres Gefühl, so unmittelbar auf einem aktiven Vulkan zu stehen. Der Sand ist ganz warm und in der Tiefe gibt es absonderliche Geräusche. Hustend treten wir zurück und wandern noch ein Stück um den Schlund herum, um den Sonnenuntergang und San Cristóbal zu bestaunen. Die Backpacker-Flotte ist auch eingelaufen und hat sich mit Selfi-Sticks bewaffnet am Westhang aufgereiht. Der Wind ist so stark, dass man kaum stehen kann und peitscht Vulkansand in unsere Augen. Eine Bö erfasst meine Kamera und sie stürzt samt Tripod auf die Felsen. Glück im Unglück hatte ich einen Filter auf dem Objektiv – der ist allerdings komplett hinüber. Aber wenigstens ist der Kamera nix passiert.

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Von Telica aus hat man eine epische Aussicht im Sonnenuntergang auf San Cristóbal.

Erschöpft treten wir den Rückweg zum Basecamp an. Uns steht eine kurze Nacht bevor, morgen früh wollen wir um vier noch einmal zum Kraterrand klettern, in der Hoffnung, in der mondlosen Finsternis der Nacht einen Blick auf die rote Glut erhaschen zu können. Um die abgebrochene Fußraste zu reparieren bin ich heute zu müde. Aber ich bin zuversichtlich, dass mir nach einer Mütze Schlaf schon etwas einfallen wird. Ich arbeite schließlich in der Vorentwicklung, da gibt es immer eine Lösung. Felicitas kocht ein deliziöses Abendessen auf unserem Campingkocher. Dann fallen wir in unsere Schlafsäcke.

Telica im Sternenlicht

Um 3:45 Uhr klingelt der Wecker. Was für eine Uhrzeit. Kommt uns nach dem Start um 2:45 Uhr zum San Cristóbal vor ein paar Tagen aber richtig erholsam vor. Eine sternenklare Nacht erwartet uns. Der Wind hat sich etwas gelegt und wir stapfen zum zweiten Mal den Pfad zum Kraterrand empor. Gestern haben wir uns alles genau eingeprägt, damit wir uns in der Finsternis nicht verlaufen. Telica schmaucht unverändert vor sich hin – und wieder können wir in der Tiefe nichts erkennen. Ich stelle die Kamera auf den Tripod und mache eine Langzeitbelichtung. Wenn dort unten irgendetwas glüht, wird die Kamera es aufnehmen. Und siehe da: Nur weil man etwas mit bloßem Auge nicht sieht heißt es nicht, dass es nicht existiert! Dieses Foto war die Strapazen wert und wird uns immer an ein hartes Abenteuer erinnern.

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Telicas Lava im Sternenlicht

Der Sonnenaufgang ist dagegen schon eher Kür. Ungeduldig scharre ich mit den Füßen. Ich habe ausgeknobelt, wie ich meine Fußraste reparieren kann. Zum Glück haben wir bei der Gepäckauswahl nicht auf Werkzeug und Bastelkram verzichtet. Eine Stunde später ist mit Gefeile, Geschraube und dank der Kraft von Knetmetall – extra stark (lieber unbekannter Erfinder, ich preise dich) die Fußauflage wieder hergestellt.

Die Abfahrt hat sie tatsächlich auch gehalten. Mal sehen, wie viele Länder sie noch übersteht…

Andreas

GPS Track – How to drive Volcano Telica on a Motorcycle

[googlemaps https://www.google.com/maps/d/u/0/embed?mid=11OaOI8w-WEybSvS0Qea2CpuKYfRTnlsD&w=640&h=480]


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Alles ist gut

Zu jeder guten Motorradweltreise gehört es, einmal irgendwo derartig im Schlamassel zu stecken, dass es aus eigener Kraft nicht möglich ist weiterzufahren und nur mit fremder Hilfe ein Vorwärtskommen sichergestellt ist. Das weiß jeder, der eine solche Himmelfahrt einmal angetreten ist aus eigener Erfahrung. Und natürlich machen wir zwei da auch keine Ausnahme – warum auch, wir wollen ja das ganz große Abenteuer erleben.

Seelisch und moralisch haben wir uns also schon vorab vorbereitet und darauf gesetzt, dass im Fall des Falles alles gut wird. Genau so wie in all den schönen Geschichten anderer Reisenden, oder so, wie wir es schon erlebt haben. Doch als es dann so weit ist, ist es kurzzeitig echt ganz schön mies und wir müssen uns schleunigst an unsere guten Vorsätze erinnern. Ja ja, Vertrauen ist schon so eine Sache, ne?!

Daheim haben wir einen guten Freund, Thomas, und der sagt uns immer, ja wirklich immer, dass alles gut ist. Egal, wie herausfordernd eine Situation auch gerade für uns sein mag. Er ist immer super gelassen und extrem entspannt, sich seiner Aussage gewiss. Alles ist gut. Wir zwei wollen das meistens nicht hören und Haare in der Suppe finden. Doch Thomas lässt sich von sowas natürlich nicht aus der Ruhe bringen. Er bleibt dabei: Habt Vertrauen, alles ist gut.

Einfach von der Straße geweht

Unser Weg führt uns nach San Cristobal, einem wirklich wundervollen Ort, zu Liliana, unserer nächsten Gastgeberin (sie ist übrigens die Schwester von Rennprofi Nicolas, den wir unterwegs kennen gelernt haben). Also ein sehr erstrebenswertes Ziel, da sie uns fürderhin als begnadete Köchin angepriesen wurde.

Bei Reisestart am Morgen ist alles normal. Es weht ein zugiges Lüftchen, das nervt jetzt nur ein bisschen. Also tun wir das, was getan werden muss: Gegen das Gebläse lehnen, aufs Moped ducken und weiterfahren. Doch irgendwie will es nicht dabei bleiben. Der Wind pustet immer heftiger. Ich rufe sicherheitshalber die ersten Schutzheiligen an. Das hilft vorerst für die nächste Distanz. Doch dann kommt eine orkanartige Sturmböe – und weht mich einfach um. Glücklicherweise fuhr ich nur langsam. Und dennoch. Irgendwie gibt es Schöneres im Leben als von der Straße geweht zu werden. Auf der Haben-Seite: Es regnet wenigstens nicht.

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Der Sturm versucht sogar die Palmen auf den Boden zu drücken.

Jetzt fluche ich erstmal fürchterlich, denn die Fußraste hat sich unangenehm in meine Wade gebohrt, und schicke gleichzeitig Stoßgebete gen Himmel. Hoffentlich gelangen die durch die Turbulenzen doch ans rechte Ziel. Hilfe naht auch schon prompt in Form von Andreas. Nur mit vereinten Kräften schaffen wir es, das Moped gegen den Wind, den Orkan, das Tosen, die unsichtbare Naturgewalt wieder aufzurichten. Jetzt legt sich das Treiben so richtig ins Zeug und ich kann das Moped noch nicht mal alleine gegen den Sturm halten. Andreas hat sein Moped vorausschauend in Windrichtung abgestellt. Also drehen wir mein Moped ebenfalls schleunigst, damit wir nicht noch alle drei die Böschung runtersegeln.

Wie gehts weiter? – Nerven liegen blank im Nirgendwo

Und dann tun wir das, was Paare in dieser Situation meistens sehr gerne tun: Wir brüllen uns ordentlich an. Zum Teil auch, weil wir uns anders einfach nicht hören würden. Aber auch, um Wut, Frust und Angst loszuwerden und irgendwie einen Konsens zu finden. Ganz im Sinne, wer lauter brüllt, hat mehr recht. Vor uns eine Straße ungewisser Länge durch einen wütenden Tornado. Hinter uns eine Tankstelle. Sonst nichts. Ach ja, und konträre Ansichten, wie wir weiterverfahren wollen, haben wir auch. Also eine optimale Ausgangslage für Produktivität und die Anwendung paarlich erprobter Problemlösestrategien.

Letztendlich entscheiden wir uns, die Option Tankstelle zu wählen und dort weiter zu überlegen. Glücklicherweise fährt Andreas mein Moped bis dahin zurück. Ist mir ein Rätsel, wie er auf der Straße bleibt, ich komme kaum zu Fuß ans Ziel. Im Windschatten der Tankstelle angekommen, heißt es erstmal die schlotternden Knie zu beruhigen und darauf zu vertrauen, dass sich hier das erhoffte Wunder einstellt.

Wo bleibt die Rettung?

Wir werden prompt begrüßt und zwar von einem Typen mit Maschinengewehr. Besteht die Rettung jetzt in einer vorzeitigen Erlösung irdischen Leids durch ihn? Teilweise. Er gibt erst mal darüber Auskunft, dass die Straße berüchtigt für die stürmischen Turbulenzen sei und das auch insbesondere für die nächsten hundert Kilometer. Käse. Und dann haben wir dieselbe Idee, dass es sehr, ja wirklich sehr großartig wäre, wenn uns einfach ein LKW, Transporter oder Camionetta – wie es hier heißt – mitnähme. Schließlich gehen die Geschichten anderer Reisenden auch immer so: Aus dem Nichts materialisiert sich einfach die Hilfe.

Bei uns ist das noch nicht ganz der Fall. Also erst mal tanken, wenn wir schon mal da sind. Der Tankwart gibt Streckentipps und Alternativrouten zum Besten. Ist das jetzt die Lösung? Einfach woanders langfahren? Dableiben geht jedenfalls nicht. So richtig behaglich erscheint mir das Ganze aber auch nicht. Immerhin müssen wir dann wieder raus aus dem Windschatten und wer da auf uns wartet, wissen wir ja schon. Und nun?

Dann, plötzlich, ein roter Kleintransporter taucht auf. Magisch zieht er unsere Blicke auf sich. Wir sind uns einig, der muss es sein! Unser Ausweg! Sicherheitshalber fragen wir unseren Maschinengewehrmann, der sich übrigens als Polizist ausgibt, ob er für uns eine Mitfahrt anfragt, da unser Spanisch in der Not nicht unbedingt besser wird. Klar, will er tun. Also, er stiefelt zum Fahrer. Nach einem kurzen Plausch mit einer 1,50 m langen Waffe in der Hand seines Gegenüber findet der Fahrer offenbar auch Gefallen an einer Rettungsaktion. Zufällig muss er nämlich in genau dieselbe Richtung wie wir und zufällig ist seine Ladefläche leer.

Mit vereinten Kräften Mopeds aufladen

Tja, und dann wird es interessant. Wir müssen jetzt nämlich irgendwie die Vehikel aufladen. Und das knapp einen Meter hoch. Anlauf nehmen und springen geht nicht. Ne Rampe gibt es auch nicht. Mittlerweile ist das gesamte Tankstellenpersonal mit unserer Weiterfahrt beschäftigt. Während der Camionetta rückwärts an eine kleine Erhöhung gefahren wird, schafft nämlich einer der Männer ein fettes Brett heran. Fertig ist die Auffahrt. Man muss nur noch hochbrettern. Klingt in der Theorie einfach, ist es in der Praxis auch. Jedenfalls sagt das Andreas immer so. Also getreu seines Mottos fällt ihm der Part zu, die 200-Kilo-Maschinen herumzumanövrieren und den schmalen Steg raufzufahren.

Die Herren der Tankstelle packen mit an und mit vereinten Kräften stehen nach einer halben Stunde zwei Mopeds und vier Koffer festgezurrt auf dem roten Transporter. Weiter geht die Reise.

Die Hilfe kommt von Herzen

Zu zweit quetschen wir uns dann auf den Beifahrersitz und sind erstaunt, wie mühelos der Transporter dem Sturm standhält. Neben uns fliegen fast die Palmen aus der Bodenverankerung. Auf den Mopeds hätten wir keine Chance gehabt. Was für ein Glück, dass wir im Auto sitzen!

Unser Fahrer Hilarion ist ein wahrer Glückstreffer. Er kennt die Strecke und den dazugehörigen Wind, da er hier täglich Mangos transportiert. Außerdem ist er Besitzer einer grandiosen Autoinneneinrichtung und eines USB-betriebenen Radios. Bei mexikanischer Volksmusik erholen wir uns also für die nächsten zwei Stunden. Passenderweise ist Hilarions Zielort der Zugang zu der von uns benötigten Autobahn.

Als wir uns überlegen, wie wir uns erkenntlich zeigen können und ob sich unser Helfer eine Prämie erhofft hat und wenn ja wie hoch, sagt Hilarion, dass seine Unterstützung von Herzen – de corazon – kam. Er freut sich einfach, dass es uns gut geht. Das angebotene Geld lehnt er ab.

Kleiner Stunt zum Mopedabladen

Nun kommt irgendwie doch das Thema auf, wie wir die Mopeds wieder abladen. Und auch hier fügt sich wieder alles famos. Wir steuern auf eine Bauruine zu, die Wunder o Wunder, genau auf der Abladehöhe des Transporters liegt. Hilarion verabschiedet sich mit Handschlag und wir sind wieder auf uns gestellt.

An dieser Stelle möchte ich sagen, dass es neben all den wirklich schönen Gründen mit Andreas zusammenzufahren ein wahres Glück ist, dass der Mann schon von Kindesbeinen an auf Zweirädern unterwegs ist und auf Geländefahrten steht. Er baut sich, ganz der Ingenieur, aus herumliegendem Schutt eine Steintreppe, die von der Empore herabführt. Weil er seine Abfahrt von oben nicht sehen kann, markiert er diese mit zwei „Torsteinchen“, sodass er auch an der richtigen Stelle über die Mauer fährt. Dann bringt sich Andreas locker in Position, visiert sein Ziel an – und fährt da mal eben eine wackelige Zielgelkonstruktion runter. Ziemlich cool. Das ist sogar so cool, dass er gleich beide Mopeds auf sicheres Gelände bringt.

Letzte Hürden

Nachdem wir wieder auf der Straße sind, stellen wir fest, dass in einer Stunde die Sonne untergeht. Und es sind noch mindestens drei zu fahren. Also rangehalten. Wir brettern, was das Zeug hält. Die Landschaft nehmen wir kaum wahr, teilweise, weil wir uns so beeilen, es immer dunkler wird und teilweise, weil unser alter bekannter Freund Supersturm wieder am Start ist. Diesmal mit dicken Regenwolken.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir aber doch endlich im Stockdunkeln und durchgefroren bei Liliana an. Obwohl wir uns zum ersten Mal sehen, nimmt sie uns herzlich in Empfang wie alte Bekannte und lecker Essen gibt es auch. Wir sind fix und fertig und gleichzeitig sehr dankbar für all die Hilfe und auch dafür, noch am Leben zu sein.

Ende gut, alles gut

Heute haben wir wahrlich eine eindrucksvolle Lektion in Sachen Alles ist gut und Hab Vertrauen gelernt. Sich gewiss zu sein, dass die richtige Hilfe genau dann erscheint, wenn wir sie brauchen, dass wildfremde Menschen mitanpacken und einfach da sind. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu haben, Hürden zu meistern, es zu schaffen.

Als Resumé unseres Abenteuer-Tages denken wir also an Thomas und seine Worte. Auch wenn wir zwischendurch ehrlich gesagt unsere Zweifel haben, die Grundgewissheit bleibt trotzdem immer irgendwo im Hinterkopf: Irgendwie wird es eine Lösung geben. So gesehen, war sogar das Vom-Moped-geweht-Werden im Nirgendwo gut. Denn sonst hätten wir nicht an eben dieser Tankstelle haltgemacht und unseren Rettungsfahrer Hilarion getroffen.

Also Thomas, wir sehen es ja ein: Alles ist gut!

Felicitas

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Off-road-Training beim Motocross Champion Nicolás España

Wer mit seinem Motorrad unterwegs ist, ist gut beraten mit seiner Maschine ein Fahrtraining zu absolvieren, verschiedene Fahruntergründe kennen zu lernen und sich überhaupt auf alles einzustellen, was einem so  unterwegs begegnen kann. Verlängert ganz pragmatisch betrachtet die Lebensdauer.

Fahrsicherheit hatten wir darum schon mit unseren Vorgängermopeds daheim erprobt, Andreas war auch schon außerhalb asphaltierter Wege eine Menge unterwegs, doch der krönende Höhepunkt unser Fahrerentwicklung war dann das Off-road-Training beim Motocross Champion Nicolás España in Rosarito, Mexiko.

Eine Woche daheim beim Meister

In Rosarito sind wir eine Woche zu Gast bei Nicolás España, dem mexikansichen Motocross-Rennfahrer. Seit 20 Jahren ist er schon im Business und bietet außerdem noch Fahrtrainings in allen Gewichtsklassen an. Zu Beginn war uns ehrlich gesagt noch nicht klar, dass unser neuer Host ein Rennstar ist.

Ein paar Wochen zuvor sagt Jorgé, Mechaniker bei Corona Motorsports beim Reifenwechseln in Corona, nämlich nur ganz banal, dass er bei seinem Freund Nicolás in Rosarito mal anfragt, ob wir ihn für ein paar Tage besuchen können. Wir freuen uns über die Anlaufstelle in Mexiko und dass uns ein Einheimischer mit dem Land vertraut macht, das wir jetzt bereisen wollen. Diese Erfahrung haben wir bereits in den USA gemacht.

Dann staunen wir nicht schlecht, wo wir eingelandet sind. Es winkt uns eine abwechslungsreiche Zeit, denn Nicolás und dessen Sohn Nicolás Junior üben mit uns die ersten spanischen Wörter und stimmen uns kulinarisch auf Mexiko ein. Ein wahres Highlight, denn Nicolás Junior möchte Koch werden. Nicolás Senior zeigt uns nebenbei noch schöne Ecken in der Umgebung, gibt uns Reiseempfehlungen für Baja.

Tja, und dann kommen wir ans Eingemachte:

Off-road Training mit den V-Stroms beim Motocross Champion höchst selbst

Nicolás steht direkt in der Nachbarschaft ein Motocross-Parcours zur Verfügung. Also ab auf den Acker und losgefahren. Was bei Nicolas verblüffend einfach aussieht, will einstudiert werden, damit es im Gefühl ist, wie er sagt, und man nicht beim Fahren nachzudenken braucht.

Zu Beginn erklärt uns Nicolás die Grundlagen des off-road-Fahrens. Erste Lektion also im Stehen auf festem Dreck fahren:

  • Fußballen auf die Rasten
  • Knie an das Motorrad, um mit der Maschine verwurzelt zu sein (Catch your bike!)
  • Gewicht auf den Vorderreifen
  • Arme sind enstpannt und nicht durchgedrückt (gilt immer)
  • Hände greifen von oben locker an die Griffe
  • vor dem Beschleunigen leicht nach vorne beugen, um Geruckel am Gasgriff zu vermeiden
  • Gelenkt wird über Gewichtsverlagerung
  • Blick auf das Ziel gerichtet – keinesfalls vor den Vorderreifen!

Wenn man diese Hinweise beherzigt, funktioniert off-road Fahren schon ganz gut. Also geht es ab zur nächsten Lektion, die da heißt im Stehen Achten fahren und den Radius immer weiter verkleinern bis der Lenker irgendwann voll eingeschlagen ist. Nun werden Blickführung und voller Körpereinsatz noch essentieller, da sich der Körper in die Richtung zu drehen hat, in die man zu fahren gedenkt.

Als auch das hinreichend funktioniert, steht Lektion Nummer drei bevor: Weiche Erdpiste mit Kurven und Hügeln meistern. Nicolás macht es vor – sieht bei ihm natürlich mega einfach aus – Andreas ist mehr damit beschäftigt, das Bild von sich aufrechtzuerhalten, wie er das Hindernis gut bewältigt. Dieses Bild vor Augen zu haben, ist übrigens extrem wichtig, sagt der Profi. Man muss von sich und dem Gelingen überzeugt sein, sonst klappt es nicht. Also auf gar keinen Fall Szenen vom Umfallen, Stürzen und dergleichen visualisieren!

Allein auf der Piste im Nirgendwo

Dass es sich bei unseren Übungen um das Training für einen Ernstfall 1:1 handelt, ahnen wir nicht, doch wir werden ein paar Wochen später bei unserer Reise durch Baja direkt eines Besseren belehrt. Wir sind Nicolás direkt noch dankbarer als zuvor. Wenn ich vom Ernstfall rede, spreche ich jetzt nicht von Gravelroad, sondern von einem Sandberg im Nirgendwo, den es mit voller Montur und Gepäck zu überfahren gilt.

Auf der Suche nach einem schicken Platz zum Zelten, fahren wir also von der ausnahmsweise guten Straße über einen zwanzig Zentimeter hohen Bordstein eine fette Sandrampe ab und steuern auf eine vielverpsrechende Hügellandschaft zu. Da es sich um ausnahmslos super sandigen Untergrund handelt, wird die Fahrt zur Prüfung. Nichteinsehbare Plätze für eine erholsame Nachtruhe gibt es auch nicht. Also bleibt uns nur noch der geordnete Rückzug übrig.

Pech nur, dass die Mopeds zu schwer sind, um geschmeidig die Sandrampe wieder hochzuballern und beschwingt über den Bordstein zurück auf die Straße zu schweben. Der Hinterreifen gräbt sich ein, das Gefährt bleibt erst mal gepflegt stecken und liegt mit dem Unterfahrschutz auf. Um die Dramatik der Situation noch zu erhöhen: Es wird in einer Stunde schon dunkel!

Und nu? Wir finden Betonklötze, die zufälligerweise am Straßenrand herumliegen, und bauen einen schmalen Steg, den es bei der Anfahrt über den Berg auf dem letzten Meter vor dem Bordstein zu treffen gilt. Sobald das Vorderrad es mittels Betonbaustein über das Hindernis geschafft hat, wird der Klotz umdisponiert und vor der Hinterrad gerückt und das Moped mit Anschieben und Gasgeben auf die Straße zurückverfrachtet. Echt schweißtreibend! Mit der zweiten Maschine dann das gleiche Spiel.

Glücklicherweise treffen wir kurz darauf auf einen geschützten, ziemlich geheimen Zeltplatz direkt am Meer. Uff.

Training und Reisefreude mit Nicolás España

Danke, werter Nicolás, für deine Fahrstunden und Gastfreundschaft. Es war der perfekte Start in unsere nächste Reiseetappe! Wir sind froh, dass wir bei dir so viel dazulernen konnten.

Wer jetzt oder schon immer auf den Geschmack eines off-road Trainings  gekommen ist und gerne Nicolás persönlich kennen lernen will, braucht sich nur vertrauensvoll an ihn zu wenden. Er bietet Kurse und Coachings in Mexiko und Californien an, ob off-road oder auf Asphalt, es geht um Fahrskills und -sicherheit.

Sein Angebot gilt übrigens auch als Reiseführer mit dem Motorrad durch Mexiko. Und das Gute ist, Nicolas spricht nebst natürlich Spanisch auch Englisch. Doch seht selbst.

Viele Grüße von Felicitas


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Wüstenfahrt

So wie sich Moses mit seinem Volk auf den Weg durch die Wüste zum gelobten Land macht, tun wir es auch. Allerdings nicht gleich 40 Jahre. Ein paar Tage reichen schon und ins gelobte Land wollen wir auch nicht, sondern nach Boulder, Utha. Und fliehen oder auswandern, tun wir auch nicht. Wir kommen aus Salt Lake City und wollen in die Nationalparks im Süden Richtung Grand Canyon.

Die Strecke ist wirklich malerisch und führt an spektakulären Felsformationen vorbei. Teilweise fahren wir in Gesellschaft von Campingwagen über den kurvigen Asphalt.

 

Als wir dann die vom Navi angezeigte Straße abbiegen, stehen wir plötzlich ziemlich alleine da. Und das auf einer Schotterstraße. Zunächst lässt uns das erst mal kalt. Wir sind nämlich schon gewohnt, über Gravel Roads zu fahren. Doch bereits nach ein paar hundert Metern sehen wir nirgendwo mehr Kies, sondern nur noch fettes Geröll und Gesteinsbrocken, die jetzt unsere Straße darstellen sollen. Zur einen Seite Berg, zur anderen Abhang, dazwischen wir.

Irgendwie beschleichen uns jetzt leichte Zweifel, ob wir auf diesem Pfade 80 Meilen innerhalb von zwei Stunden zurücklegen können. Aber das Navi muss es ja wissen. Also weiter. Doch es wird irgendwie immer fieser, Hubbel immer größer, Kurven enger und steiler, Geröll gerölliger. Es nähert sich außerdem, um der ganzen Sache noch etwas mehr Würze zu verleihen, die Dämmerung unaufhaltsam.

Laut Navi soll es nach acht Meilen einen Campingplatz geben. Sicher sind wir uns irgendwie nicht, dass es den tatsächlich gibt, doch Alternativen sind nicht massig gesät. Zwei Stunden plagen wir uns durchs Niemandsland und der wirklich existierende Mini Wald-Campground ist eine Erlösung. Wir fragen uns nur, wie die Autos unserer paar Nachbarn diese Piste überlebt haben.

Es stellte sich heraus, dass unser Navi uns zwecks Streckenoptimierung den Hardcoreweg langgeschickt hat. Ein paar Kurven weiter hätte es die light Variante gegeben…

 

Beruhigt machen wir uns am nächsten Tag auf die Weiterfahrt. Der Schotterweg ganz passabel, doch dann stehen wir auf einmal mitten in der Wüste. Und da fühlt sich offenbar wieder keiner mehr für die Streckenbeschaffenheit verantwortlich. Matsch, Sand, steile Auffahrten. Der Schotter dazwischen schon eine Erholung.

Bei Strecken dieser Art ist Schwung dein Freund. Dein Hirn allerdings nicht, also ausschalten und auf Fahrphysik, dein Motorrad und die Reifen vertrauen. Und so heißt es dann ab durch ausgetrocknete, felsige Flussbetten. Bloß nicht nachdenken. Wäre auch nicht hilfreich, wenn nämlich was passieren würde, finden täte uns da keiner, laufen bringt auch nix, zu weit weg von allem. Kein Handyempfang, keine Menschenseele. Einfach nüscht. Nur wir zwei Reiseendurodeppen mit für die Autobahn aufgepumpten Reifen.

Läuft jedoch echt gut. Der strapaziöse acht-Meilen-Weg zum Campground war die perfekte Vorbereitung. Warum auch Endurokurse belegen, wenn man einfach im Ernstfall proben kann?

Nach einem komplett durchgeballerten Fahrtag durch die Wüste und später in schwindelerregende Höhen erreichen wir unser Ziel und asphaltierte Straßen. Wie das Navi auf zwei Stunden insgesamt Fahrzeit gekommen ist, bleibt schleierhaft. Die Fahrt war jedenfalls ein krasses Erlebnis, bei dem sogar Vorderreifen abhoben und ein echter Fluss durchquert wurde.

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=OgGSvzSH95g]

Felicitas


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Badlands Nationalpark: Auge in Auge mit dem Bison

Endlich sind wir in einem Nationalpark angelangt und zwar in den Badlands. Tagsüber ist es hier brütend heiß. Die Sonne brennt, wir sehen vornehmlich Grassteppe und schroffe Sandhügel. Die Berge sind mit rot-weißen Streifen durchzogen. Jetzt weiß ich auch, was Michael Ende beim Schreiben von Lukas, der Lokomotivführer vor Augen gehabt haben muss, als er Lukas‘ und Jim Knopfs Weg durch eine eben rot-weiß geringelte Berglandschaft beschreibt…

Wir haben uns einen erlesenen Campingplatz inmitten der Prärie zwischen Bighorn Schafen, Präriehunden, Kojoten und Klapperschlangen ausgesucht. Auf dem Weg zum selbigen erleben wir eine wahre Pracht: Die Landschaft im Sonnenuntergang ist atemberaubend schön und wirkt auch ein bisschen gespenstisch.

Die Fahrt geht über Kuhgitter und vorbei an Beware-of-Bisons-Schildern. Ob die hier wirklich frei rumrennen? Schwuppsdiwupps stehen wir dann tatsächlich einem Exemplar dieser Gattung gegenüber. Dieses schleicht allerdings gemütlich über die Straße, also einfach weiter. Dieses Mal brauchen wir uns keine Gedanken über dessen Kurzsichtigkeit oder Kampfeswillen zu machen.

Doch dann treffen wir etwas später auf eine ganze Herde, die quer auf der Schotterpiste verteilt steht und Präriegras mampft.  Irgendwie guckt die uns sehr unbeeindruckt an, obwohl wir immerhin zu zweit sind, Licht anhaben und die Motoren brummen. Vom Weg weichen wollen die Tiere jedenfalls nicht. Und jetzt? Off road zu fahren ist irgendwie auch keine Option, weil sich die Bisons so weit verteilt haben, dass wir nicht mal eben um sie herumkommen.

Glücklicherweise naht ein Auto. Wir fragen, ob wir hinterherfahren können, damit es uns eine Schneise bahnt. Guter Gedanke. Die Fahrer stimmen zu, doch brettern so dahin, dass wir keine Chance haben, auf der Sandpiste hinterherzukommen. Plötzlich stehen wir inmitten des durch das Auto aufgescheuchten Bisonauflaufs. Jetzt fangen die an, uns doch wahrzunehmen und zu fixieren. Huhu, Auto, komm zurück! Macht es schließlich auch. Die Bisons flüchten und wir knattern weiter.

Am Campingplatz angekommen, lernen wir schnell unsere Nachbarn kennen: Bethany, Ryan, Tommy (der hat die Bisons auf seinem Motorrad auch nur mit einer Autofahrt passieren können) und Präriehunde. Mit Betthany und Ryan verbringen wir den nächsten Tag und wandern in der Hitze durch die Badlands. Wir sagen, dass wir unbedingt wieder im Sonnenuntergang zum Zeltplatz zurückfahren müssen, weil dann alles so anders und bezaubernd aussieht. Alles klar. Wir fahren über Stock und Stein und dann: Ein Stachelschwein! Ach, wie süß. Finden wir alle.

Weniger süß ist allerdings die Bisonherde, die kurz danach auftaucht und doppelt so groß ist, wie die von gestern (bestimmt 40 Tiere). Die steuert auch noch auf unseren Campingplatz zu und die Viecher stehen natürlich wieder auf dem Weg. Also heißt es: Augen auf und ab durch die Mitte. Als Dreiergespann fräsen wir uns durch die Horde aus rund 620 kg schweren Tiere.

Beim Abendessen geben Bethany und Ryan zu, dass sie uns erst die Story von gestern mit 20 Bisons nicht ganz abgekauft haben und sich wunderten, warum wir auf einen Autobodygard scharf waren. Jetzt wissen sie es….

Am nächsten Morgen tappse ich verschlafen um das Zelt und renne fast in den größten Bisonbullen, den ich bisher zu Gesicht bekommen habe. Der guckt mich lässig an, ich wünsche ihm noch kurz einen guten Morgen und er schlendert weiter durch die Zeltlandschaft.

So nah, Auge in Auge mit einem echten Bison habe ich eine Idee bekommen, warum die Indianer sie als Krone der Tier-Schöpfung betrachten. Es geht eine ungeheure Kraft und ein ewig altes Wissen von ihnen aus. Ich freue mich, über das Glück, einem so nahe gegenüberzustehen zu dürfen – wenngleich ich nicht jeden Tag durch Bisonherden fahren müsste.

Felicitas


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Sponsoring: TKC70 von Conti

Auf letztem Meter vor der Abfahrt sind unsere neuen TKC70 Enduroreifen eingetroffen, die uns von Conti für die erste Etappe unsere Weltreise zu Verfügung gestellt werden. Reifendepot Rduch in Jülich Koslar hat sie uns kostenlos aufgezogen, vielen Dank!

Wir werden testen, wie sich der Dualsportreifen aus Korbach auf einer Weltreise schlägt und hier über unsere Erfahrungen berichten.


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