Andreas

Hallo lieber Leser und willkommen bei den Weltenstromern!

Eine Motorradweltreise zu unternehmen und einen Blog darüber zu schreiben sind beides neue Berufe für mich. Auch wenn man sagen könnte, dass es die logische nächste Evolutionsstufe eines motorradfahrenden Ingenieurs mit Outdoor-begeisterter Frau und philosophischer Ader im Internetzeitalter wäre.

Aber das Leben hält für einen dreiunddreißig-jährigen, verheirateten Mann auch alternative Evolutionsstufen bereit: neue Aufgaben im Job, ein eigenes Haus, Kinder, um die plakativen zu nennen. Für mich fällt zu diesen Varianten im Moment aber nur „weil das jetzt dran ist“ ein. Aber ich fühle sie jetzt nicht.

Was ich jetzt fühle ist, dass ich frei sein will zum einen und zu meinem inneren Kern vordringen will zum anderen. Irgendwo habe ich mal dieses Zitat gehört:

die wenigsten Menschen, die auf dem Sterbebett liegen, sagen: „ach, hätte ich in meinem Leben doch mal mehr gearbeitet.“

Das hat mich nachdenklich gemacht und mir die Wichtigkeit der Chance, die ich jetzt habe, deutlich vor Augen geführt.

Ich würde die Aussage noch etwas abändern wollen: das Arbeiten selbst ist, glaube ich, gar nicht so der Punkt. Im Gegenteil kennt wohl jeder das wohlige Gefühl, abends ins Bett zu fallen, wenn man einen richtig guten Tag hatte. Der Haken an der Sache ist, dass ich glaube, dass viele Menschen nicht für ihr Herz arbeiten. Und das macht erst unzufrieden, dann leer und dann krank. Sie leben nicht selbstbestimmt.

Deshalb will ich diese Reise nutzen, um mehr über das Leben zu lernen. Ich will herausfinden, was mir wirklich am Herzen liegt und was nicht.

Motorrad fahren

Bereits im Kindesalter übten Zweiräder eine magische Faszination auf mich aus. Ich weiß gar nicht, ob rückwirkend rekonstruierbar wäre, wie viele Fahrräder ich in meinem Leben verschlissen habe. Alles, was irgendwie mit dem Fahrrad erreichbar war, wurde bei Wind und Wetter, Hochwasser und Schnee abgeradelt.

Durch einen Job während des Studiums hatte ich dann endlich die nötige Kohle, einen Motorradführerschein zu machen und mir ein Motorrad zu kaufen: eine Honda CBF600. Später folgte noch eine Triumph Tiger 800XC, als Felicitas mit Motorradfahren anfing.

Als angehender Ingenieur wollte ich natürlich wissen, wie Motorräder funktionieren. So fing ich also an, an ihnen herumzuschrauben, Inspektionen und Umbauten selbst durchzuführen, sodass ich zuversichtlich bin, unsere beiden V-Stroms an einem Stück durch die Weltreise zu bringen.

Reisen

Mein erstes großes Reiseerlebnis war ein Roadtrip mit meiner Familie in der Grundschule nach Schweden und Norwegen. Mich begeisterte, wie mein Vater unseren alten Audi 80 mit Dachgepäckträger umbaute, Karten studierte und unglaubliche Mengen Proviant in einem eigens dafür eingezogenen Zwischenboden vor den Kindersitzen verstaute. Er lernte sogar Schwedisch und Norwegisch. Allein die Anfahrt war ein Abenteuer. Ich war noch nie in meinem Leben so weit mit einem Auto gefahren, dass man sogar zwischendurch übernachten musste. Wir fuhren auf eine Fähre und überquerten die stürmische Nordsee. Und dann diese unvorstellbare Natur, in der es soo viel zu entdecken gab.

Heute glaube ich, dass ich bereits damals alles wichtige über das Reisen gelernt habe: man muss sein Auto umbauen, bis es wie ein Expeditionsfahrzeug aussieht, man braucht ein weites, ambitioniertes Ziel, eine bunt angemalte Karte und unglaublich viel zu essen. Das ganze ist ein Spiel, ein Abenteuer, dass gut ausgeht.

Ich hoffe, ich irre mich nicht.

Andreas