Für unsere Reise haben wir uns ein Fahrwerksset bestehend aus progressiven Gabelfedern, Gabelöl und Level 2 Federbein von Touratech gegönnt, da uns das Serienfahrwerk auf unserem Norwegentrip zu sportlich abgestimmt war.
1. Fahrwerksabstimmung
2. Federbein
2.1 Ausbau des Serienfederbeins
2.2 Einbau des Touratech Federbeins in eine DL650 mit ABS
3. Gabelfedern & -öl
3.1 Gabelölanpassung von 10W auf 20W
4. Fahreindruck und Fazit
Fahrwerksabstimmung
Insbesondere auf Schotterpisten fuhr die V-Strom mit Seriensetup sehr stagsig und nervös. Auch reichte der Einstellbereich des Federbeins nicht aus, um das Heckniveau mit Gepäck zu nivellieren. Das wollten wir auf jeden Fall verbessern.
Bevor man bei Touratech sein Fahrwerkskit bestehend aus Federbein, Gabelfedern und Gabelöl erhält, ist der obligatorische Fahrwerkscheck auszufüllen. Anhand der Antworten ermittelt Touratech die nötigen Parameter für den Umbau.
Wir haben uns ein Setup gewünscht, das zwar für unsere Reise mit Gepäck über Buckelpisten optimiert ist, aber nach der Reise auch zu hause ohne Gepäck auf deutschen Autobahnen auf dem täglichen Weg zur Arbeit funktioniert. Eine Anpassung an einen Betrieb mit Sozius brauchen wir nicht.
Federbein
Das ursprünglich avisierte Level 1 Federbein fiel damit leider raus, da es nicht den nötigen Höhenunterschied zwischen den verschiedenen Beladungszuständen ausgleichen kann.
Wir mussten also zum teureren Level 2 Federbein mit hydraulischer Federvorspannung greifen, dass dafür in seiner Grundabstimmung unsere Anforderungen erfüllt.
Nachtrag: Das Level 2 Federbein kann übrigens nicht mit dem beigefügten Hakenschlüssel über die Kronenmutter eingestellt werden, wie man zunächst vermutet.
Eigentlich hatte mir vorgeschwebt, beide Federbeine so einzustellen, dass wir quasi ohne hydraulische Vorspannung im Alltag fahren können und wir den vollen Hub der Hydraulik für die Reise nutzen können.
Touratech bestätigte, dass die Kronenmutter vom Kunden nicht verstellt werden kann. Sie ist allein zur Einstellung der Grundvorspannung im Werk vorgesehen. Zum einen ist an ihr der Hydraulikschlauch zum Handrad befestigt, sodass ein Verdrehen im eingebauten Zustand nicht möglich ist. Zum anderen muss das Federbein aber auch im ausgebauten Zustand in einer speziellen Vorrichtung entlastet werden, um beim Verdrehen der Mutter das Gewinde aus Aluminium nicht zu beschädigen.
Der hydraulische Hub ist für unsere Zwecke jedoch auch ohne Anpassung völlig ausreichend.
Ausbau des Serienfederbeins
Nach einigem Gemurkse hatte ich die Serienfederbeine herausoperiert. Der Hydraulikschlauch muss dazu zwischen Rahmen und der gelösten Schale der ABS-Einheit durchgezwängt werden, will man nicht das Heck der V-Strom auseinandernehmen. Ein bisschen Kraft ist nötig, um den Schlauch ohne Quetschung im entscheidenden Moment unter dem angehobenen Schalenbügel durchzufädeln.
Tipp: Um den oberen Bolzen des Federbeins zu lösen habe ich eine Ratsche mit Kardanverlängerung verwendet. So kommt man gut durch den Rahmen.
Einbau des Touratech Federbeins in eine DL650 mit ABS
Die beigefügte Einbauanleitung ist Touratech-typisch gut bebildert und leicht verständlich.
Allerdings war sie für eine V-Strom ohne ABS geschrieben. Das ABS-Steuergerät sitzt leider genau hinter dem Federbein, behindert die Montage. Außerdem ist es nötig, den Winkel des Hydraulikschlauchs am Federbein zu verstellen, damit der Schlauch am Steuergerät vorbeipasst.
Dazu entspannt man die Hydraulik vollständig, löst vorsichtig die Hohlschraube, mit der der Schlauch am Federbein befestigt ist und dreht den Schlauch bis ganz an das Federbein heran. Dabei kann ein Tropfen Hydraulikflüssigkeit austreten. Nun die Hohlschraube mit dem angegebenen Drehmoment wieder anziehen und das Federbein in umgekehrter Ausbau-Reihenfolge wieder montieren.
Bei der zweiten V-Strom ging es dann schon besser, wenn man weiß, was alles klemmen kann…
Gabelfedern & -öl
Vor Abfahrt haben wir beide Gabeln bei Franzracing in Wegberg überholen lassen, da sowohl die Staubkappen fällig waren als auch die Standrohre kleine Macken hatten. Neue Simmeringe und Laufbuchsen gab es dann auch gleich, sowie natürlich die neuen Gabelfedern und das neue Öl mit angepasster Viskosität von Touratech.
Eigentlich wollte ich bei der Gelegenheit noch Faltenbälge einbauen. Leider waren die gelieferten Bälge viel zu lang, sodass wir uns des nahen Abfahrttermins wegen für Neopren-Gabelschützer von Touratech mit Klettverschluss entschieden.
Gabelölanpassung von 10W auf 20W
Ich muss gestehen, dass ich mit der ersten Gabelabstimmung mit dem 10er Öl wegen sehr geringer Dämpfung auf meiner V-Strom nicht gut zurechtgekommen bin.
Felicitas‘ Motorrad fuhr hingegen direkt ausgewogen.
Ein hilfsbereiter Mitarbeiter von Motorcycle Performance in Madison WI, selbst passionierter V-Strom-Fahrer, bestätigte die große Streuung der einfachen Suzuki-Gabeln. Statt durch einen Cartridge Einsatz wird das Dämpferöl hier mehr oder weniger (un)definiert durch ein paar Löcher im Dämpfeinsatz gepresst…
Meine Gabel lag wohl schon immer eher am unteren Ende der Dämpfleistung. Bereits vor dem Touratechumbau fuhr Felicitas‘ V-Strom deutlich besser.
Auf Empfehlung und nach Rücksprache mit Touratech konnte ich dann kurzerhand bei den Jungs meine Gabel ausbauen und das Öl von 10W auf 20W wechseln. Jetzt fahren beide Motorräder vergleichbar.
Fahreindruck und Fazit
Die Enduroabstimmung des Touratech-Weltreisefahrwerks Level 2 schlägt sich auf unserer Reise hervorragend. Schlechte Straßen und holprige Pisten fahren sich mit vollem Gepäck sehr leicht und komfortabel und verlangen überraschend wenig Konzentration.
130 km/h auf der Autobahn mit Sack und Pack sind ebenfalls kein Problem. Die Maschinen liegen ruhig und ohne Pendelambitionen auf Asphalt.
Um das Optimum aus den einfachen Gabeln der V-Strom herauszuholen, ist nach unserer Erfahrung zu empfehlen, das Gabelöl darüber hinaus individuell an die Toleranzen des Gabeldämpfers anzupassen. Felicitas fährt mit 10W Gabelöl und ich mit 20W. Beide Maschinen erreichen damit mit ihren jeweiligen Beladungen vergleichbare Fahreigenschaften.